Erste Stadtverordnetenversammlung: Neues Reden, altes Verhalten

Die erste Sitzung der neu gewählten Stadtverordnetenversammlung am 27. April 2006 verlief nur für jene überraschend, die nach den vielen schönen Worten für eine bessere Zusammenarbeit auch entsprechende Taten erwartet hatten.


Kampfabstimmung um Stadtverordnetenvorsteher

Zunächst wurde als Stadtverordnetenvorsteher der FDP-Vorsitzende von Bethmann gewählt. Auf ihn entfielen die 19 Stimmen von CDU und FDP, während die ALK-Fraktionsvorsitzende Hedwig Schlachter 18 Stimmen von ALK, SPD und Grünen auf sich vereinigen konnte. Die Abschiedsrede des ALK-Stadtverordnete Robert Rohr, in der er den Stadtverordneten Hedwig Schlachter als neue Stadtverordnetenvorsteherin vorschlug, ist im Anschluss an diesen Bericht im Wortlaut wiedergegeben.


CDU/FDP-Liste für Magistrat

Die Wahl der neun ehrenamtlichen Magistratsmitglieder verlief ähnlich. Bis zu Beginn der Sitzung hatten alle fünf politischen Gruppen eigene Wahlvorschläge eingereicht. Doch dann in einer Sitzungsunterbrechung beschlossen CDU und FDP, doch eine gemeinsame Liste einzureichen. Draufhin stellten auch ALK, SPD und Grüne eine gemeinsame Magistratsliste auf, um Zufallsergebnissen vorzubeugen. Das Ergebnis der Wahl: Mit 19 zu 18 Stimmen gewannen CDU/FDP, die jetzt mit Walter Krimmel einen Vertreter der „alten“ CDU zum neuen ehrenamtlichen 1. Stadtrat machten. Eine Personalie mit Symbolcharakter.


Premiere: Erstmals CDU/FDP-Listen bei Aufsichtsräten

Bei den Wahlen der Aufsichtsräte für die städtischen Gesellschaften und die Stadtwerke trieb es dann die alte Koalition von CDU und FDP auf die Spitze: Sie stellte auch hier gemeinsame Listen auf, um sich die Mehrheit zu sichern. Damit wurde verhindert, dass in diesen vier Gremien das Los zwischen FDP und SPD über den elften zu vergebenden Sitz entschieden hätte. Während das Losverfahren eine Fifty-Fifty-Chance für beide Parteien beinhaltete, wurde durch die gemeinsame Liste von CDU und FDP die SPD ausgetrickst, die so keine Chance auf einen zusätzlichen Sitz mehr hatte.


Zweimal ging es schief

Doch dann kamen zwei Entscheidungen, die der alten Koalition deutlich vor Augen führten, dass die eigenen Ängste vor einer so knappen 19:18-Mehrheit mehr als berechtigt sind. Denn bei der Wahl des Aufsichtsrates für das Haus der Begegnung fehlte der CDU/FDP-Liste eine Stimme, die in der geheimen Abstimmung zur ALK gewandert war. Durch die komplizierten Regelungen des Wahlverfahrens führte das dann dazu, dass die SPD einen zusätzlichen Sitz erhielt. Das Argument von CDU/FDP kann nicht zutreffen, dass durch die gemeinsamen Listen die Mehrheit in den Aufsichtsräten gesichert werden sollte, denn diesen gehören quasi kraft Amtes auch der unabhängige Bürgermeister Helm (CDU) und erster Stadtrat Krimmel, ebenfalls CDU, an.


Erster Helm-Erfolg gegen Krimmel

Ein kleines Bonbon gab es dann zu fortgeschrittener Zeit: Bei der Wahl des Vertreters der Stadt Königstein in die Verbandskammer des Planungsverbandes Ballungsraums Frankfurt/Rhein-Main, hatten sich CDU und FDP sehr schwer getan, sich intern zwischen Herrn Krimmel (CDU) und Frau Reuter (FDP) zu entscheiden. Hier setzte sich jedoch im Ringen vor der Tür der Sitzungssaales die CDU mit ihrem Mann durch. Doch da diese Position in Königstein wie auch in den meisten anderen Städten traditionsgemäß und fachlich sinnvoll mit dem Bürgermeister besetzt wird, schlug die ALK den an diesem Abend vereidigten neuen Bürgermeister Leonhard Helm vor. Und siehe da, in der geheimen Abstimmung hatte ein Mitglied der CDU-Fraktion ein Einsehen und gab Helm seine Stimme, so dass dieser mit 19:18 über seinen Parteifreund Krimmel siegte. War da nicht was? Die diversen Aussagen der CDU, sie wolle mit Bürgermeister Helm zusammenarbeiten? Und dann der Affront, nicht Helm sondern Krimmel in die Verbandskammer schicken zu wollen. In früheren Jahren war es in Königstein für die CDU selbstverständlich gewesen, die Amtsinhaber Fricke und Huke dorthin zu entsenden.


Am Ende Einigkeit beim Abwasser

Zu fortgesetzter Stunde, als dann CDU und FDP auch noch Listenverbindungen zum Verkehrsverband und zu diversen Abwasserverbänden aufstellen wollten, platzte dem ALK-Stadtverordneten Berthold Malter der Kragen. Er schritt zum Mikrophon und erinnerte daran, wie viel in den vergangenen Wochen von der CDU von Zusammenarbeit geredet wurde, und dann gebe es auf Veranlassung der CDU-FDP-Kooperation eine Kampfabstimmung nach der anderen bis hinunter zu unwichtigen Positionen wie dem Stellvertreter des Vertreters im Abwasserverband Kronberg. So etwas habe es in den vergangenen 25 Jahren in Königstein noch nicht gegeben. Seinerzeit sei zwar nicht so viel von Zusammenarbeit geredet worden, dafür sei diese aber bei einer Reihe von Gelegenheiten tatsächlich praktiziert worden. Die mahnenden Worte hatten dann Erfolg – die Vertreter für die Wasser- und Abwasserverbände sowie für den Verkehrsverband Hochtaunus wurden auf gemeinsamen Listen gewählt. Sogar der einzige Stadtverordnete der Grünen wurde dabei berücksichtigt.


Hedwig Schlachter als Stadtverordnetenvorsteherin vorgeschlagen

Die Rede von Robert Rohr, in der er Hedwig Schlachter vorschlug:

BM-Wahl und Kommunalwahl sind vorbei. Mit den Ergebnissen, aber auch mit den Gesprächen der vergangenen Wochen wurden die Weichen gestellt. Heute zeigt sich, auf welchem Gleis der Zug in Königstein weiterfährt. Die Inhalte sind zwar nicht ausverhandelt, aber heute, hier und jetzt, werden Personalien entschieden, von denen die wichtigsten Bestand für die nächsten 5 Jahre haben werden.

Wir haben gehört, dass es mehr Gespräche, Informationen und Runde Tische geben soll. Mehr Beteiligung also auch der ALK und darüber freuen wir uns.

Die ALK gibt es seit 25 Jahren, aber so freundlich wie jetzt war man noch nie zu uns (in der Kommunalpolitik). Und wir sind so sehr zu einer Zusammenarbeit mit den bisherigen Regierungsparteien bereit wir noch nie zuvor in den vergangenen 25 Jahren.

Wir sind bereit zur Beteiligung. Es sollte aber eine echte Beteiligung sein. Schöne Worte sind das Eine, Taten aber das Andere. Und wer andere wirklich beteiligen will, der zeigt dies auch dadurch, wem welche Aufgaben, welche Verantwortung übertragen wird.

Es gibt vorerst keine Koalition sondern eine Kooperation - zw. CDU und FDP. Mit anderen Worten: Wie bei einem Mietvertrag, der ausgelaufen und nicht gekündigt ist, verlängert sich der bestehende Vertrag automatisch, bis ein neuer Vertrag an dessen Stelle tritt.

CDU und FDP haben sich zwar nicht auf Inhalte, aber auf Personen geeinigt. Und das deutet darauf hin, dass eher alles beim Alten bleibt, auch wenn die Worte freundlicher geworden sind.

Bei der Bügermeisterwahl haben die Bürger der CDU/FDP-Kooperation gezeigt, was sie von deren Personalvorschlag hielten.

Bei der Kommunalwahl legte die ALK um fast zehn Prozentpunkte auf 33,2% zu. Ein Drittel der Wähler wollte eine Beteiligung und Mitwirkung der ALK – eine echte. Diese Zeichen kann man sehen, man kann sie aber auch übersehen. Deshalb haben wir mit Überraschung gesehen, wie sich CDU und FDP auf die Verteilung der beiden wichtigsten Positionen in der Stadt– neben dem Bürgermeister - geeinigt haben: Herr von Bethmann soll Stadtverordnetenvorsteher und ein CDU-Vertreter aus Falkenstein soll 1. Stadtrat werde. War da nicht noch was? Ach ja, die ALK. Die findet nicht auf dieser Ebene statt, obwohl inzwischen fast gleichauf mit der CDU.

Nach einem ungeschriebenen Gesetz übernimmt die stärkste Fraktion den Vorsitz der Stadtverordnetenversammlung. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die CDU das nicht tun will. Als zweitstärkste Fraktion erlauben wir uns deshalb, einen Personalvorschlag für dieses wichtige Amt zu machen:

Ein Amt, zu dessen Ausübung etliche Mitglieder dieses Hauses befähigt sind, nicht nur eine einzige Person.

Bei der Kommunalwahl erhielt Hedwig Schlachter mit 3378 Stimmen die mit Abstand meisten Stimmen, die bei dieser Wahl auf eine einzelne Person entfielen. Der Zweitplatzierte hat exakt 680 Stimmen weniger. Hedwig Schlachter hat sage und schreibe ein Viertel mehr Stimmen bekommen als der Zweite.

Ein Fingerzeig, wen die Wähler als 1. Bürgerin der Stadt sehen wollen. Den man aber auch übersehen kann, wie in der Vergangenheit von der Mehrheit so Einiges übersehen wurde, wie zum Beispiel die Wünsche zum Rodelberg, zum Haus der Begegnung.

Frau Schlachter ist fähig, kenntnisreich, ausgleichend, akzeptiert und beliebt.

Außerdem ist sie nicht Vorsitzende einer Partei. Denn etliche Bürger halten es nicht für ganz glücklich, wenn der Repräsentant aller Bürger und aller Stadtverordneten manchmal diesen Hut aufhat und dann wieder manchmal den Hut einer auch wahlkämpfenden Partei (auch bei Bundestags- und Landtags-Wahlen).

Wir schlagen Hedwig Schlachter als Stadtverordnetenvorsteherin vor und bitten um Unterstützung.

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