Der Eugen-Kogon-Preis der Stadt Königstein ist am 22. Februar 2013
posthum dem früheren tschechischen
Staatspräsidenten Václav Havel vor rund 500 Gästen im Haus der Begegnung in Königstein verliehen worden.
Laudator war der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Entgegengenommen wurde der Preis von der
Botschaftsrätin der Tschechischen Republik, Eva Dvoráková.
Entgegengenommen wurde der Preis von der Botschaftsrätin der Tschechischen Republik, Eva Dvoráková.
Laudator war Hans-Dietrich Genscher
|
Die einführenden Worte von Stadtverordnetenvorsteher Robert Rohr:
Der Eugen-Kogon-Preis der Stadt Königstein wird heute zum achten Mal verliehen. Der Preis erinnert an unseren Königsteiner
Mitbürger Eugen Kogon, der 34 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahr 1987 in Falkenstein lebte.
Der Preis wird verliehen in Anerkennung der großen Leistungen Kogons für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Wir
verdanken ihm auch die schonungslose Aufklärung über die Vernichtungslager der Nazis. Sein Buch „Der SS-Staat“ über die
deutschen Konzentrationslager hat vielen Menschen die Augen geöffnet über die Unmenschlichkeit des NS-Systems. Der nach
Eugen-Kogon benannte Preis würdigt in dessen Sinne das Engagement für eine lebendige Demokratie und für Freiheit.
Für diese Werte stritt der engagierte Bürgerrechtler und Schriftsteller Vaclav Havel. Er war ein Vorkämpfer für
Demokratie und gegen Diktatur. Wie Eugen Kogon hat er sich nicht durch Verfolgung, Unterdrückung oder Schikane brechen
lassen. Er war ein aufrechter Demokrat, der für seine Überzeugungen auch ins Gefängnis ging. Er war fünf Jahre inhaftiert.
Havel war eine Leitfigur im gewaltlosen Widerstand gegen das autoritäre Regime in der damaligen Tschechoslowakei in den
Zeiten der kommunistischen Herrschaft. Er war Mitbegründer der „Charta 77“. Im Jahr 1989 wurde er zum Präsidenten der CSSR
(Tschechoslowakei) gewählt. Nach seiner Abdankung 1992 wurde er ein halbes Jahr später (1993) zum Staatspräsidenten der
Tschechischen Republik gewählt. Dieses Amt hatte er bis 2003 inne. Havel setzte sich auch für die Versöhnung zwischen
Deutschen und Tschechen ein. Er war ein überzeugter Europäer, auch in dem Bewusstsein, dass die europäische Einigung wichtig
für den Frieden in Europa ist. Vaclav Havel starb am 18. Dezember 2011 im Alter von 75 Jahren.
Bereits im Herbst 2010 hatte das Kuratorium beschlossen, den Eugen-Kogon-Preis an Vaclav Havel zu verleihen. Darüber hat
sich Havel sehr gefreut und die Annahme des Preises zugesagt. Allerdings war er schon damals gesundheitlich schwer
beeinträchtigt und konnte keine längeren Reisen mehr unternehmen. Deshalb wurde vereinbart, dass ein Vertreter seines Landes
den Preis entgegennimmt.
Der Termin der Preisverleihung stand fest, doch dann starb Havel. Es wurde beschlossen, den Preis erstmals posthum zu
vergeben, da Havel diesen Preis bereits zu seinen Lebzeiten angenommen hatte. Die Hauptperson kann nicht anwesend sein. Wir
verneigen uns mit diesem Preis vor einem großen Staatsmann und vor einem großem Menschen.
Der schleppende Baufortschritt des HdB und dann eine schwere Erkrankung des Laudators machten weitere Terminverschiebungen
erforderlich. Aber glauben Sie nicht, dass damit alle Widrigkeiten behoben wären. Seit langem stand fest, dass der
Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland, Rudolf Jindrák, den Preis entgegennehmen würde. Es sei ihm eine Ehre
und Freude, hatte er mitgeteilt, der Termin sei fest in seinem Terminkalender eingetragen. Seit eineinhalb Jahren wurden
alle Termine und Terminverschiebungen mit ihm abgestimmt. Doch am Montag teilte er uns mit, dass er direkt vom
Premierminister seines Landes „mit einer besonders wichtigen Aufgabe beauftragt wurde, die seine Teilnahme heute terminlich
verhindere“. An seiner Stelle begrüßen wir jetzt seine Stellvertreterin, die Gesandte-Botschaftsrätin Eva Dvoráková.
Laudator Hans-Dietrich Genscher hat keinen anderen Auftrag erhalten, er ist heute hier. Ich bin glücklich, dass er sich
wieder guter Gesundheit erfreut. Ihn vorzustellen verbietet eigentlich die Einschätzung Ihrer Allgemeinbildung. Nur so viel:
Hans-Dietrich Genscher ist einer der bedeutendsten Politiker der Bundesrepublik, ein großer Staatsmann und großer Europäer.
Er war Innenminister, Außenminister und Vizekanzler unseres Landes und war über zehn Jahre Bundes-Vorsitzender der FDP.
Er hat maßgeblich am Einigungsprozess Europas mitgewirkt und ist eigentlich jemand, der selbst Träger des Eugen-Kogon-Preises
hätte werden können. Aber Preise hat er verdientermaßen bereits reichlich erhalten, so erst in der vergangenen Woche den
„Georg-Meistermann-Preis“ der Stadt Wittlich, der das Engagement für Demokratie und Meinungsfreiheit auszeichnet.
Hans-Dietrich Genscher kannte Vaclav Havel bereits aus der Zeit, bevor der Eiserne Vorhang in Europa fiel. Sie waren bis
zu Havels Tod persönlich und politisch miteinander verbunden.
Mit Prag verbindet Hans-Dietrich Genscher auch der berühmteste Halbsatz der deutschen Geschichte. Er sagte 1989 vom
Balkon der deutschen Botschaft aus zu den wartenden DDR-Flüchtlingen: „Liebe Landsleute, wir sind zu Ihnen gekommen, um
Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise“ Der Rest (ihre Ausreise) „in die Bundesrepublik Deutschland möglich geworden
ist“, ging im unbeschreiblichen Jubel unserer Landsleute unter.
Ich übergebe das Wort an Hans-Dietrich Genscher.