Mit der Erhöhung der Grundsteuer B von 340 auf 540 Punkte hat sich die Stadt Königstein auf den Spitzenplatz
im Hochtaunuskreis katapultiert. Nur noch Neu-Anspach hat einen ebenso hohen Steuersatz. Selbst Gemeinden unter dem
Rettungsschirmschirm des Landes hätten niedrigere Hebesätze für die Grundsteuer, erklärte die Aktionsgemeinschaft
Lebenswertes Königstein (ALK) zu der in der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten beschlossenen Erhöhung dieser Steuer
um knapp 59 (58,8) Prozent.
Aber auch die Gewerbesteuer steige deutlich um zehn Prozent von bislang 345 auf 380 Punkte ab 1. Januar, berichtete
die ALK-Stadtverordnete Nadja Majchrzak. Damit liege Königstein bei dieser Steuer mit fünf Punkten Unterschied nur
knapp hinter Bad Homburg auf dem zweiten Platz.
Die starke Erhöhung sei eine üble Überraschung für viele Familien, da die Grundsteuer sowohl von Eigentümern wie
auch von Mietern über die Umlagen gezahlt werden müsse. Wer bisher beispielsweise 500 Euro Grundsteuer zahle, müsse
ab dem kommenden Jahr 280 Euro mehr an die Stadtkasse entrichten, bei einer bisherigen Steuer von 800 Euro seien
zusätzlich 470 Euro fällig. Nicht jeder Königsteiner habe so günstige Bedingungen wie jener Leserbriefschreiber, der
nur mit einer Mehrbelastung von rund hundert Euro rechne. Allerdings habe dieses FDP-Vorstandsmitglied von seinem Arbeitgeber
Hochtaunuskreis, der zugleich sein Vermieter sei, offenbar äußerst günstige Mietkonditionen eingeräumt bekommen. Die
Mehrheit der Königsteiner allerdings zahle deutlich mehr als hundert Euro Grundsteuer pro Jahr, demnach falle die drastische
Erhöhung um 59 Prozent bei diesen Mietern und Eigentümern auch viel deutlicher ins Gewicht als bei jenem FDP-Politiker,
sagte die Stadtverordnete.
Steuererhöhung trifft vor allem junge Familien
Die Erhöhung treffe vor allem junge Familien, die nicht nur die in Königstein stark erhöhten Gebühren für Kindergarten
und Hort oder die U3-Betreuung zahlen, sondern vielfach auch Kredite tilgen müssten, die sie beim Erwerb ihrer Immobilie
aufgenommen hätten. Mit diesem hohen Hebesatz für die Grundsteuer würden Familien eher abgeschreckt als angelockt, wieder
andere Familien würden in den Hintertaunus vertrieben, da sie sich Königstein nicht, beziehungsweise nicht mehr, leisten
könnten, sagte die Stadtverordnete. Bei derart hohen Preisen nicht nur für Immobilien und Mietobjekte, sondern auch für
die Kinderbetreuung und die Grundsteuer, würden gerade junge Familien bei der Wahl ihres Wohnortes einkalkulieren müssen,
dass in einer Stadt wie Eschborn die Grundsteuer niedrig und der Kindergarten umsonst sei.
Es sei nicht das Ziel der unabhängigen Wählergemeinschaft ALK, die Bevölkerungsstruktur von Königstein weiter einseitig
zu verändern. Königstein lebe von Menschen aus allen sozialen Schichten. Die ALK möchte deshalb vermeiden, dass durch hohe
städtische Steuern und hohe städtische Gebühren eine Auswahl unter den Bürgern getroffen werde, die den Charakter dieser
Stadt einseitig verändern würde.
Steuererhöhungspartei FDP
Die jetzt beschlossene Erhöhung der Grundsteuer sei die stärkste Steigerung dieser Steuer in der jüngeren Geschichte der
Stadt, unterstrich Majchrzak. Die Grundsteuer sei nicht, wie in der Parlamentsdebatte behauptet, in den vergangenen Jahrzehnten
stabil gewesen. Von 2006 bis 2013 sei die Grundsteuer in zwei Schritten bereits um 30 Prozent angehoben worden. Während diese Steuer
bis 2006 viele Jahre mit 260 Punkten äußerst stabil war, wurde sie 2007 auf 300 und 2012 auf 340 Punkte erhöht. Der Antrag, die
Grundsteuer ab dem Jahr 2012 auf 340 Punkte zu erhöhen, kam übrigens von der FDP, erinnerte Majchrzak. Während die FDP anderenorts
und überregional gegen höhere Steuern zu Felde ziehe, sei sie dagegen in Königstein eine echte Steuererhöhungspartei, kritisierte
die ALK. "Dies ist genau jene Art von Parteipolitik, die wir als unabhängige Wählergemeinschaft nicht mögen", kritisierte die
ALK-Stadtverordnete.
Dies treffe auch auf einen Antrag der Königsteiner Grünen zu der bereits für den 1. Januar 2017 beschlossenen
weiteren Erhöhung der Grundsteuer um zusätzliche 90 auf dann 630 Punkte zu, was einer Erhöhung der Grundsteuer vom heutigen Niveau
(340) aus gesehen um insgesamt 85 Prozent entspreche. Die Grünen hatten den von CDU und FDP unterstützten Antrag gestellt, die
bereits jetzt für 2017 beschlossene Erhöhung im kommenden Jahr zu überprüfen und den Hebesatz dann "nach Möglichkeit auf das für
den Ausgleich des Haushalts erforderliche Maß" zu senken. Solche Anträge seien eigentlich nur vor Weihnachten kurz vor dem Besuch
des Weihnachtsmanns erlaubt, so Majchrzak. An den glaube aber niemand mehr, zumindest nicht bei der ALK. Es würde an ein Wunder
grenzen, wenn sich die Haushaltslage der Stadt Königstein im kommenden Jahr derart bessere, dass die bereits beschlossene zweite
Stufe der Steuererhöhung von CDU, Grünen und FDP rückgängig gemacht werden würde.
Ein Faktor für die schwierige finanzielle Situation der Stadt sei auch das Kurbad, dessen jährliche Defizite einen großen
Anteil an dem von der FDP auf 84 Millionen Euro bezifferten Schuldenberg der Stadt (inklusive städtische Gesellschaften) hätten.
Majchrzak unterstrich ihre im Stadtparlament angezweifelt Aussage, dass die Erhöhung der Grundsteuer auch im Zusammenhang mit dem
Kurbad stehe. In der von Bürgermeister Leonhard Helm unterschriebenen Vorlage des Magistrats für die Parlamentssitzung am 10. April 2014
zur Sanierung des Kurbads hatte in der Begründung ausdrücklich gestanden, im übrigen werde vorgeschlagen, das künftige Defizit des
Kurbads über eine Grundsteuererhöhung abzudecken.
ALK für Entschuldungskonzept
Auch die ALK sehe die Notwendigkeit einer höheren Grundsteuer, allerdings nicht in dem jetzt beschlossenen Ausmaß, so die
Stadtverordnete. Notwendig sei ein Entschuldungskonzept für den Königsteiner Haushalt. Für die unabhängige Wählergemeinschaft
sei hierfür ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, zu dem auch Einsparungen gehören müssten. Städtische Einnahmen dürften nicht
zur millionenteuren Sanierung des Verlustbringers Kurbad dienen, sondern müssten zur Verringerung der städtischen Schulden
eingesetzt werden, unterstrich die ALK-Sprecherin. Selbst in Zeiten historisch niedriger Zinsen müsse Königstein jährlich rund
1,7 Millionen Euro Zinsen zahlen und liege damit deutlich vor vergleichbaren Nachbarstädten. (15.12.2014)