Bei der Vorbereitung des städtischen Haushalts für das Jahr 2023 hätte sich jede/r Mandatsträger/in gerne die berühmte Glaskugel
gewünscht, um einen verlässlichen Blick in die Zukunft zu werfen. Die unsichere weltweite Wirtschaftslage wirkt sich zwangsläufig
auch auf den Königsteiner Haushalt aus. Mit einer Grundsteuererhöhung von 540 auf 850 Punkte wollte Bürgermeister Leonhard Helm (CDU)
als Stadtkämmerer diesen Unwägbarkeiten begegnen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
In seiner Haushaltsrede räumte er selbst ein, dass die Stadt momentan über Rücklagen und Rückstellungen im zweistelligen Millionenbereich
verfüge. Diese wolle er jedoch nicht angreifen. Zumindest im Haupt- und Finanzausschuss sah die Mehrheit der Mitglieder dies anders und
beschloss, die Grundsteuer nicht zu erhöhen. Man folgte dem Antrag der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK), Rückstellungen
aufzulösen und zur Gegenfinanzierung eines möglichen Defizits einzusetzen.
Die Wählergemeinschaft ist der Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger derzeit schon genügend andere Belastungen zu schultern haben.
Indem ca. 3,5 Millionen Euro aus den Rückstellungen entnommen werden, bleibe diese immer noch im zweistelligen Bereich. Ein finanzielles
Polster sei gut, bei der derzeitigen Inflation sei es aber auch einer Entwertung ausgesetzt, die über die Nutzung im Haushalt aufgefangen
werde, so ALK-Fraktionsvorsitzende Runa Hammerschmitt.
Keine Fraktion habe es sich mit ihren Haushaltsanträgen leicht gemacht. Der Konflikt lautete: sparen und gestalten, geht das in der
momentanen Situation? Der städtische Haushalt sei das wichtigste Instrument, um eigene politische Ziele umzusetzen. Gleichzeitig sei der
Entwurf der Verwaltung mit deren Wünschen kritisch unter die Lupe zu nehmen. Im Ergebnis legten ALK und alle anderen Fraktionen Listen
mit massiven Einsparungen vor, einige wollten ausschließlich sparen (FDP, SPD), andere stellten den Einsparungen eigene Vorhaben mit
entsprechenden Kosten gegenüber.
Auch in schwierigen Zeiten politische Ziele umsetzen
Die ALK hatte zwei Anträge zur Arbeit der Feuerwehr eingebracht. Dass Königstein keinen hauptamtlichen Stadtbrandinspektor benötige,
sahen alle Fraktionen ähnlich und strichen diese Stelle aus dem Vorschlag von Kämmerer Helm. Die ALK hätte sich stattdessen eine weitere
halbe Stelle für einen Gerätewart gewünscht. Die Gerätewarte können die Feuerwehr insbesondere tagsüber bei Einsätzen unterstützen. Sie
seien in der Lage, Einsatzfahrzeuge zu fahren, wenn die ehrenamtlichen Feuerwehrleute aus beruflichen Gründen nicht rechtzeitig zum Einsatz
kommen können. Dieser Antrag habe im Ausschuss keine Mehrheit gefunden.
Weiterhin benötige die Feuerwehr eine neue Schlauchwaschanlage. Die alte Anlage stamme aus dem Jahr 1975 und verbrauche sehr viel Energie.
Dieser Antrag sei mehrheitlich angenommen worden.
Ebenso sei dem Wunsch aus dem Ortsbeirat Schneidhain im Ausschuss nachgekommen worden, eine Jalousienanlage für die Heinrich-Dorn-Halle
anzuschaffen, um diese gerade im Sommer für den Schulsport, aber auch für Veranstaltungen abzudunkeln und damit auch kühlen zu können.
Den finanziellen Aufwand für die Pflege des Woogtalweihers sahen auch andere Fraktionen als notwendig an, sodass hierfür im nächsten Jahr
5.000 Euro bereitstehen.
Ein langjähriges Anliegen der ALK sei der Wiederaufbau der eingestürzten Burgwegmauer. Der Anblick sei ein großes Ärgernis für die Kurstädter,
denen ihr Wahrzeichen und ihr Umfeld am Herzen liege, aber auch für Besucher biete er kein attraktives Bild, so Hammerschmitt. Es liege eine
Spendenzusage in Höhe von 50.000 Euro vor und auch ein Angebot des Spenders, in Absprache mit der Stadt die Bauarbeiten zu leiten, um den
Aufwand für die Verwaltung zu verringern. Im laufenden Haushalt sei in letzter Minute zum Ausgleich festgeschrieben worden, dass die Hälfte
der geschätzten Baukosten in Höhe von 280.000 Euro über Spenden finanziert werden solle. Schon damals sei klar gewesen, dass dieses Ziel nicht
zu erreichen sei. Dieses Vorhaben sei eine Herzenssache der ALK, aber von den anderen Fraktionen nicht unterstützt worden. Sollte es dabei
bleiben, sei es sehr bedauerlich, wenn eine so große Spende und das zivilgesellschaftliche Engagement nicht genutzt werde.
Sparen um jeden Preis?
Nicht nur die ALK setze insbesondere bei den Investitionen massiv den Rotstift an. Die Anträge, Vergaben des Bauhofs an Dritte zu kürzen,
die Renovierung des städtischen Wohnhauses in der Woogtalstraße zu verschieben sowie auch eine mögliche Sanierung des Bürgerhauses Falkenstein
nicht im Jahr 2023 zu beginnen, fanden im Ausschuss eine Mehrheit. Es sei bekannt, dass alle laufenden Bauvorhaben der Stadt sehr viel teurer
ausfielen, als anfänglich kalkuliert, was auch der allgemeinen Krisenlage geschuldet sei. Bereits begonnene Bauprojekte müssen zu Ende geführt
werden, was zu erheblichen Mehrausgaben führen werde. Neue Projekte allerdings sollten aus Sicht der ALK zunächst nicht in Angriff genommen werden.
Im Dilemma zwischen Sparen und Gestalten habe die ALK sich für eine behutsame Mischlösung entschieden, resümiert Hammerschmitt. Anhand ihrer
Antragsliste stehen Mehrausgaben von ca. 130.000 € im Verwaltungshaushalt Minderausgaben im Investitionshaushalt von ca. 1,7 Millionen Euro
gegenüber. Aus Sicht der Wählergemeinschaft sei das ein vertretbarer Ansatz.
(20.7.2022)
Nachtrag vom 21.7.2022: Grundsteuer B bleibt 2023 bei 540 v.H.
Die Stadtverordneten beschließen die Haushaltssatzung mit gleichbleibender Grundsteuer B bei 540 v.H., gemäß
dem ALK-Antrag der eine Woche zuvor im HFA eine Mehrheit fand, mit 28 Ja, 5 Nein und 1 Enthaltung. Ein CDU-Antrag, die Grundsteuer B auf 700 v.H. zu erhöhen, ist zuvor
mit 12 Ja, 18 Nein und 4 Enthaltungen abgelehnt worden. Damit ist die vom Bürgermeister geplante Erhöhung auf 850 v.H. vom Tisch.