Rede von Stadtverordnetenvorsteher Robert Rohr anlässlich der feierlichen Schlüsselübergabe/Eröffnung des Hauses
der Begegnung am 23. März 2012
Stadtverordnetenvorsteher Robert Rohr anlässlich der feierlichen Schlüsselübergabe
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Endlich – ist die Sanierung abgeschlossen.
Endlich – können die Bürger dieses Haus in Besitz nehmen.
Ursprünglich sollte das sanierte HdB noch vor der Kommunalwahl im März vergangenen Jahres eröffnet werden. Doch die
historischen Zeit-Standards des HdB konnten nicht gehalten werden: In den Jahren 1954/55 war das Haus innerhalb von nur
einem Jahres hochgezogen worden.
Viele empfanden die verdoppelte Bauzeit als unangemessen lang – doch im Vergleich zur Vorgeschichte der
Entscheidungsprozesse war die Renovierungsphase eigentlich ein Klacks.
Vor über einem viertel Jahrhundert – im Jahr 1984 - begannen die Überlegungen und Gespräche zwischen Stadt
Königstein und Kirche, gefolgt von Entscheidungen. Und es waren so einige Entscheidungen, die Magistrat und Stadtparlament
im Lauf der Jahre getroffen haben.
Und es ging hin und her, oftmals stand das HdB auf der Kippe. Noch im Jahr 2005 lautete die Schlagzeile eine Lokalzeitung:
„Tage des Hauses der Begegnung sind gezählt“.
Obwohl ich schon seit geraumer Zeit kommunalpolitisch aktiv bin, war ich dennoch beim Blättern in meinen Aktenordnern
überrascht, wie vielfältig und teilweise gegensätzlich die Beschlüsse im Lauf der Zeit doch waren. Die ganzen Vorgänge aber
zu beschreiben und zu analysieren, würde sicherlich für eine Diplom-Arbeit reichen. Deshalb will ich heute nur auf die
Highlights der Entscheidungen eingehen.
Das Ringen um das Haus der Begegnung ist auch ein Paradebeispiel für Demokratie, Zivilcourage und Bürgerengagement. In
diesem Ringen um das, was für unsere Stadt das Beste ist, haben die kommunalpolitischen Parteien und Gruppierungen
gelegentlich ihre Positionen gewechselt. So stimmten jene, die einst das Gelände samt HdB kauften, später gegen die
Sanierung und jene, die das HdB nicht kaufen wollten, setzten Jahre später dessen Sanierung durch. Bei vielen dieser
Entscheidungen ging es weniger um den Denkmalschutz, sondern eher ums Geld.
Es waren immer wieder einzelne Personen, die sich mit Mut von ihren politischen Fraktionen abgesetzt haben und bei den
wichtigsten Entscheidungen nicht mit ihren Leuten gestimmt haben
– ohne diese mutigen Kommunalpolitiker stünde das HdB heute nicht mehr, wahrscheinlich würden an dieser Stelle ein paar der
Wohn- und Geschäftshäuser stehen, wie sie für unsere Stadt nicht unüblich sind.
Es gab viele Entscheidungen und einige Entscheidungen wurden sogar wieder aufgehoben. An die wichtigsten Entscheidungen
will ich erinnern:
Am 28. Februar 1991 wird der Kauf für 2,9 Mio DM im Stadtparlament beschlossen
– obwohl im Stadtparlament eigentlich eine Ein-Stimmen-Mehrheit gegen den Kauf existierte. An diesem Abend aber war ein Stadtverordneter nicht gekommen, ein anderer verließ die Sitzung vor dem entscheidenden Punkt und einer stimmte einfach nicht mit
– 17 gegen 17 hätte das Ergebnis gelautet, wenn alle Anwesenden so gestimmt hätten, wie ihre Fraktionen argumentiert hatten. 17:17 hätte aber auch bedeutet: Antrag abgelehnt, HdB nicht gekauft.
Doch es kam anders: Dr. Christof Loch und Eva Groth stimmten für den Kauf und so gab es statt eines 17:17 eine 19:15-Mehrheit für den Kauf.
In den folgenden Jahren ging das Hin und Her weiter. Das Haus wurde an eine private Grundstücksentwicklungsgesellschaft
verkauft, und es fiel wieder an die Stadt Königstein zurück.
Die Stadt beantragte den Abriss des HdB und sogar die Landesdenkmalbehörde stimmte dem Abriss zu.
Am 6. Mai 2004 wurde der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst, der für das Gebiet hier Wohn- und
Geschäftshäuser vorsah. Die Mehrheit 18:14.
Und dann geschah etwas Besonderes: Bürger dieser Stadt wollten sich mit der Entscheidung der gewählten Volksvertreter
nicht abfinden und sie starteten 2005 ein Bürgerbegehren für die Erhaltung des HdB. Ohne Unterstützung einer politischen
Partei.
Die Argumente:
Eine Stadt ohne Stadthalle ist wie eine Wohnung ohne Wohnzimmer
Einen Ort der Kultur erhalten
Ein geschichtsträchtiges Haus erhalten
Eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse qualitätsvoller Architektur der fünfziger Jahre bewahren.
Innerhalb kurzer Zeit unterschrieben 1.465 Königsteiner die Forderung, das HdB zu erhalten. Ohne sie stünde das Haus
nicht mehr. Mein Dank gilt ausdrücklich den Initiatoren des Bürgerbegehrens, die sich um den Verein für Denkmalpflege
gruppierten: Gabriele Klempert, Ellengard Jung, Rudolf Oberndörfer, die Vertrauensleute. Aber auch Manfred und Gerda
Colloseus, Annegret Oberndörfer, Cordula Jacubowsky, Prof. Grulich, Frau Theodorescu, Gertrud Schwager, Claudia Weiand, die
auch mit Kerzen bei einer Mahnwache vor einer Parlamentssitzung für den Erhalt des Hauses demonstrierten.
Angesichts dieser ungewöhnlichen Bürgerresonanz – und unter dem Eindruck der Kommunalwahl und Bürgermeisterwahl im
Frühjahr 2006, stimmte das Stadtparlament dann am 22. Juni 2006 dem Anliegen des Bürgerbegehrens formal zu – mit 32 Ja
Stimmen bei einer Enthaltung.
Damit war das HdB zwar vorerst gerettet, aber noch nicht endgültig, denn der Schutz des Bürgerbegehrens gilt nur für
drei Jahre.
Die andere wichtige Entscheidung des Stadtparlaments fand drei Jahre später am 30. Oktober 2008 hier im Haus der
Begegnung statt. Rein rechnerisch wäre die Sanierung des HdB mit 19 zu 18 Stimmen abgelehnt worden. Doch ein
Stadtverordneter der Mehrheit erschien nicht zur Sitzung und Katja Metz enthielt sich der Stimme – Dadurch kehrte sich die
Mehrheit um, mit 18 gegen 17 Stimmen bei einer Enthaltung beschloss das Stadtparlament die Sanierung des HdB – für 5,9 Mio
Euro, bei denen es aber bedauerlicherweise nicht geblieben ist.
Am 19. November 2009 Bestätigung der Entscheidung mit Kosten von 5,9 Mio Euro mit 18 gegen 10 bei 8 Enthaltungen
(Letztere kamen aus den Reihen der Fraktionen, die gegen die HdB-Sanierung waren).
Die Geschichte des HdB ist auch eine Geschichte des Ringens um die richtigen Entscheidungen für Königstein und die
Geschichte des Mutes einzelner Stadtverordneter, von der Meinung ihrer Fraktion abzuweichen. Das sollte eigentlich
selbstverständlich sein, ist es aber nicht, obwohl eigentlich der einzelne Stadtverordnete unabhängig und nur dem Wohl der
Stadt verpflichtet ist. Seine Meinung zu ändern ist nicht unehrenhaft. Die Entscheidungen um das HdB zeigen auch, dass man
im gemeinsamen Ringen um die beste Entscheidung für diese Stadt klüger werden kann.
Aus dem Nähkästchen des Stadtparlaments will ich noch ergänzen, dass es Abstimmungen gibt, da sind manche derjenigen, die
mit Nein gestimmt haben froh, dass bei der Abstimmung nicht die eigene, sondern die Ja-Position gewonnen hat. Und ich denke,
beim HdB ist dies etlichen Stadtverordneten bei einigen der Abstimmungen so gegangen, egal auf welcher Seite sie standen.
Sicher bin ich, dass die Motive für das jeweilige Abstimmungsverhalten ehrenhaft und gut begründet waren.
Zu den Personen, denen für ihren Einsatz für das HdB gedankt werden muss, gehören auch zwei Bürgermeister. Ohne deren
Einsatz säßen wir heute nicht im sanierten HdB.
Zum einen Antonius Weber, dessen Energie und Einsatz für den Kauf des Geländes ich erst seit dem neuerlichen
Aktenstudium so richtig einschätzen kann. Ohne ihn gäbe es das HdB nicht.
Aber auch ohne den amtierenden BM Leo Helm wäre das Haus nicht saniert. Er hat mit Herzblut für die Erhaltung des HdB
gekämpft und einen gewaltigen Einsatz gebracht. Ich möchte nicht wissen, wie häufig er nachts interessierte Leute durch das
HdB geführt hat. Rund 30 % seiner Nicht-40-Stunden-Woche hat er in der vergangenen Zeit dem HdB gewidmet. Jetzt mit der
Eröffnung hat er sich eine Auszeit, eine Erholung, mehr als verdient. Und da ihn sein Weg über Ostern gen Süden zur
Besichtigung alter Bausubstanz führen wird, werde ich ihm als Dank der Bürger und Stadtverordneten im Anschluss ein
eindrucksvolles Werk über die römischen Städte in Süditalien übergeben.
Noch zwei Anmerkungen zum Schluss:
Mich beeindruckt sehr die Energieeffizienz dieses neuen alten Gebäudes. Während vor Jahren vor einer Veranstaltung im
Winter der Saal des HdB vorher drei Tage lang geheizt werden musste, der Brennstoff quasi durchs offene Fenster gejagt wurde,
so haben wir heute ein vorbildliches Green Building, das mit seiner Energieeffizienz den städtischen Geldbeutel schont und
die Umwelt durch die deutliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes stark entlastet.
Das Besondere des HdB ist auch die Akustik dieses Saales, deshalb freue ich mich auf das Konzert am 21. April. Gefordert
ist der Dirigent Tilmann Köster, der in den vergangenen Jahren etliche Zweifler durch die Hinweise auf die einzigartige
Akustik dieses Saals bekehrt hat.
Jene, die einst 1991 den Kauf des HdB ablehnten, fürchteten, wegen der hohen Sanierungskosten werde dann nicht mehr das
gewünschte Bürger- und Vereinshaus in zentraler Lage in der Innenstadt gebaut. – Sie sollten recht behalten.
Jene, die später die Sanierung des HdB ablehnten, taten dies wegen der hohen Kosten – auch sie sollten recht behalten.
Ein traditionelles Bürger- und Vereinshaus wird es in den nächsten Jahrzehnten in Königstein nicht geben. Deshalb ist es
nun an uns allen, dieses HdB nicht nur als Denkmal oder als Kongresszentrum zu sehen, sondern es auch als Bürgerhaus
anzunehmen. Wir alle sind gefordert, das Haus mit Leben zu erfüllen, aber auch, durch politische Entscheidungen die Nutzung
dieses Hauses durch möglichst viele Vereine und Bürger zu unterstützen. (23.3.2012)