Die ALK hat sich schweren Herzens gegen eine grundlegende Sanierung des Kurbads ausgesprochen. Neben den reinen
Baukosten würden weiter hohe Zuschüsse anfallen, um das jährliche Defizit abzudecken, erklärte der ALK-Finanzexperte
Berthold Malter. Zudem würde eine Kurbad-Sanierung mit einer massiven Bebauung der Flächen neben dem Kurbad erkauft.
Die Defizite des 1977 eröffneten Kurbads kosteten bisher gut 50 Millionen Euro
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Das 1977 eröffnete Kurbad ist in die Jahre gekommen. In den bisherigen 35 Betriebsjahren musste die Stadt Königstein für
das Kurbad 29,9 Millionen Euro zuschießen. Wenn man eine Verzinsung von im Mittel vier Prozent dazu rechne, da auch die
Stadt das Geld für das Kurbad nicht besaß, sondern leihen musste, komme man mit Zinsen (ohne Zinseszins) auf gut 50
Millionen Euro, die die Königsteiner in den vergangenen 35 Jahren für das Bad gezahlt hätten, stellte Malter fest. Jeder
könne leicht erkennen, woher der größte Teil des städtischen Schuldenbergs stamme. Dabei war die CDU, die in den siebziger
Jahren mit ihrer knappen absoluten Mehrheit von 19:18 Stimmen im Stadtparlament den Kurbad-Bau durchsetzte, noch von einer
„schwarzen Null“ ausgegangen, erinnerte der Stadtverordnete. Von den 164.000 verbliebenen jährlichen Besuchern von Bad und
Sauna wohnen rund 20 Prozent in Königstein.
Rund zehn Millionen Euro für "Bestandssanierung"
Die jetzt geplante Bestandssanierung des Kurbads wird mit 7,6 Millionen Euro veranschlagt. Dabei werde es wohl nicht
bleiben, wie die leidvollen Erfahrungen der Kostenexplosion beim Haus der Begegnung befürchten ließen. Es erscheine deshalb
ratsam, gleich mindestens 20 Prozent zusätzliche Kosten hinzuzudenken. Bei einer 20-prozentigen Steigerung der Baukosten und
weiteren 1,6 Millionen Kosten, die für die geplante 16-monatige Schließung des Bades errechnet wurden, blieben bei der Stadt
trotz des erwarteten Landeszuschusses von einer Million insgesamt rund zehn Millionen Euro hängen, summierte die
Wählergemeinschaft.
Jährlich rund 750.000 Euro Zuschussbedarf
Das eigentliche Problem seien aber die weiter fälligen jährlichen Zuschüsse der Stadt für das Kurbad. Nach der städtischen
Finanzspritze von derzeit jährlich rund 750.000 Euro habe die Kur GmbH für die Zukunft einen jährlichen
Betriebskostenzuschuss von 280.000 Euro errechnet – aber an diesen glaubten nicht einmal die glühenden Kurbadverfechter in
der FDP, deren Fraktionschef Otto von einer halben Million pro Jahr ausgeht. Und wenn dann das Kurbad erst einmal für acht
bis zehn Millionen Euro saniert sei, werde kein Kommunalpolitiker das Bad innerhalb von fünf Jahren schließen, wenn man
merke, dass der Zuschuss wie in früheren Jahren in Richtung eine Million jährlich klettere. Die Stadt Königstein gehe jetzt
mit dem Sanierungsbeschluss für das Kurbad ein wesentlich höheres Risiko ein als mit dem seinerzeitigen Baubeschluss, sagte
Malter. Damals konnte man noch an die „schwarze Null“ glauben, heute aber wisse man, dass es sehr hohe jährliche Defizite
von der Stadt abzudecken gelte.
50 Prozent höhere Eintrittspreise kalkuliert
Der geplante jährliche Betriebskostenzuschuss von 280.000 Euro wird auf der Basis von Annahmen errechnet, die nach
Ansicht der unabhängigen Wählergemeinschaft ALK auf tönernen Füßen stehen. Denn bei den Berechnungen sei nach einer
Sanierung von einem deutlichen Anstieg der Besucherzahlen um zehn Prozent im Bad und um 20 Prozent in der Sauna ausgegangen
worden. Ebenfalls sei kalkuliert, dass die künftigen Besucher höhere Eintrittspreise akzeptieren und die Erlöse aus den
Eintrittspreisen für Bad und Sauna um sage und schreibe gut 70 Prozent steigen würden. Dieser doppelt überzogene Optimismus
könne zu einem schmerzhaften Bauchplatscher führen. Wenn wegen stark gestiegener Eintrittspreise die Gäste mit den Füßen
abstimmten, explodiere der geplante jährliche Zuschuss der Stadt, erklärte der ALK-Stadtverordnete Andreas Colloseus. Zudem
müsse im Hinblick auf die angestrebte starke Preiserhöhung bedacht werden, dass die Gäste kein supermodernes neues Bad
vorfänden, sondern lediglich das von Grund auf sanierte 35 Jahre alte Kurbad. „Was rechtfertigt die Annahme, dass man
hierfür deutlich höhere Preise nehmen kann und dann auch noch mehr Gäste kommen?“, fragte er.
Weg vom „Familienbad“ hin zum „Erholungsbad“
Die Kalkulation, dass nach einer 16-monatigen Schließung des Bads wesentlich mehr Besucher herbeiströmen würden, die
freudig bereit seien, deutlich höhere Eintrittspreise zu zahlen, bezeichnete Malter als „Milchmädchenrechnung“. Und auch die
ALK-Fraktionsvorsitzende Dr. Hedwig Schlachter gab zu bedenken, dass angesichts der Konkurrenz die Besucherzahlen ausgereizt
seien. Colloseus sprach auch die geplante Konzeptionsänderung des Bades kritisch an. Da offensichtlich angestrebt werde, das
Kurbad von einem „Familienbad“ über die Preisgestaltung zu einem „Erholungsbad“ mit mehr Ruhe und weniger Kindern
umzuwandeln, werde es für Königsteiner Familien unattraktiver – was sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Besucherzahlen
auswirken werde.
Lehren aus HdB-Sanierung ziehen
Es sei ein Widerspruch, wenn Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) in seinem Plädoyer für die Kurbad-Sanierung darauf
hinweise, dass die Stadt derzeit an allen Ecken spare. Der Stadt werde künftig das Geld noch mehr an allen Ecken und Enden
fehlen als derzeit schon, wenn zu den aus den Ruder gelaufenen Baukosten des Hauses der Begegnung auch noch aus dem Ruder
laufende Baukosten für das Kurbad kämen. Die ALK, die die HdB-Sanierung unterstützt habe, habe Lehrgeld gezahlt, aber auch
ihre Lehren daraus gezogen, sagte Schlachter. Ein weiteres Millionengrab könne sich die Stadt keinesfalls leisten. Neben den
Baukosten und deren Zinsen fielen ja noch zusätzlich die jährlichen Betriebskostenzuschüsse für Kurbad und HdB im deutlich
sechsstelligen Bereich an. Beim Kurbad seien diese wesentlich höher als beim HdB.
Kurbad-Sanierung läßt Stadt keinen finanziellen Spielraum
Schon für das laufende Jahr sei im Haushaltsplan der Stadt ein Minus von fünf Millionen Euro kalkuliert – und im kommenden
Jahr sei ebenfalls damit zu rechnen, dass die Einnahmen der Stadt von den Ausgaben um mindestens fünf Millionen überstiegen
würden. Die ALK sei nicht bereit, den Bürgern zu erklären, dass beispielsweise die Gebühren für Kindergärten, Freibad oder
die Grundsteuer erhöht werden müssten, weil nach der Kurbad-Sanierung die Stadt keinen finanziellen Spielraum mehr habe.
Wegen des HdB sei in diesem Jahr schon die Sanierung des Feuerwehrgerätehauses Falkenstein aufgeschoben worden. Wer erkläre
den Bürgern, dass wegen des Kurbads das Geld für den dringend erforderlichen neuen städtischen Kindergarten fehle? Eine
Entscheidung für das Kurbad und dessen kostspieligen Betrieb sei eine Entscheidung gegen die Stadt Königstein und deren
Finanzen, sagte Schlachter.
Ursprünglicher Zweck des Kurbades besteht nicht mehr
Ein Hallenbad zu haben sei schön, aber der ursprüngliche Zweck des Kurbades bestehe nicht mehr, da es keine Therapie mehr
gebe und viele Kliniken am Ort inzwischen ihre eigenen Bäder hätten. „Wenn wir Eschborn wären, wäre ich für die Sanierung
des Kurbads – wir sind aber nicht Eschborn“, bedauerte die ALK-Fraktionsvorsitzende. Und deshalb müsse Königstein den
finanziellen Realitäten ehrlich ins Auge sehen.
Massive Bebauung mit gravierenden Auswirkungen
Ein weiterer Pferdefuß der Kurbad-Entscheidung sei natürlich, dass ein Teil der Sanierung durch den Verkauf eines großen
Grundstücks neben dem Kurbad bezahlt werden solle, so Schlachter. Das aber sei der Schlüssel für eine massive Wohnbebauung
mit gravierenden Auswirkungen auf das Stadtbild und die Natur. Die ALK forderte die Kurbad-Befürworter auf, den Bürgern
offenzulegen, welch massive Bebauung neben dem Kurbad ein Investor bereits hinter den verschlossenen Türen des
Aufsichtsrates der Kur GmbH vorgestellt habe. Die Verwirklichung der angestrebten Bebauung könne auch zur Folge haben, dass
neue Parkplätze für das Kurbad an anderer Stelle gebaut werden müssten und dies erhebliche zusätzliche Kosten bringe.
(2.10.2011)