Als „Faustschlag gegen das Stadtbild“ hat die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) das neben dem Kurbad
geplante Baugebiet bezeichnet. Von der Innenstadt aus werde der Blick auf den Taunus erheblich durch die geplanten neun
klotzigen Gebäude beeinträchtigt, erklärte die ALK-Fraktionsvorsitzende Dr. Hedwig Schlachter nach den Beratungen im
Haupt- und Finanzausschuss und im Bauausschuss.
Perspektivische Visualisierung der Bebauung mit einer Genauigkeit von plus/minus einem Meter.
Erstellt vom Architekturbüro Engel & Haehnel im Auftrag der ALK
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In den vier- bis sechsgeschossigen Gebäuden sollen nach Planungen eines Investors insgesamt 86 Wohnungen mit einer
Bruttogeschossfläche von über 14.000 Quadratmetern untergebracht werden. Das aus einem städtischen Grundstück und einem
großen Park bestehende Gelände ist insgesamt rund 29.000 Quadratmeter groß.
CDU und SPD wollten die Öffentlichkeit ausschließen
Schlachter begrüßte, dass dieses Vorhaben in der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse am vergangenen Donnerstag
öffentlich behandelt wurde. Es gebe kaum ein Thema von größerer Bedeutung und größerem öffentlichem Interesse als die
millionenteure Sanierung des Kurbads und alles, was damit zusammenhänge. Sie dankte den Vertretern von FDP und Grünen, die
gemeinsam mit der ALK den vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Alexander Hees beantragten Ausschluss der Öffentlichkeit
zurückgewiesen hatten. Der CDU-Antrag war von der SPD unterstützt worden.
Hauptmotiv für die Unterstützer dieses Baugebiets von CDU, FDP und SPD sei die Erwartung, durch den Verkauf des
städtischen Grundstücks rund vier Millionen Euro einzunehmen, die in die Sanierung des Kurbads fließen sollen. In früheren
Zeiten waren Versuche, den sogenannten Biesten-Park zu bebauen, mehrfach gescheitert. Dieses Gelände kann nur über Flächen
der Stadt Königstein erschlossen werden, auf denen sich derzeit die Parkplätze für das Kurbad befinden. Ohne die Zustimmung
der Stadt zu der Überquerung des städtischen Grundstücks wäre eine Bebauung des Parks nicht möglich, resümierte die
ALK-Fraktionsvorsitzende. In den beiden Ausschüssen hätten die Stadtverordneten den vom Magistrat vorgelegten Vertrag mit
dem Investor durch fünf Änderungsanträge erheblich nachgebessert. Zudem gebe es in der „Anlage 5“ des Vertrages mit dem
Investor erhebliche Unstimmigkeiten und Fehler bei den Flächenangaben. Dies alles werfe nicht unbedingt ein günstiges Licht
auf die Vorbereitung dieser für Königstein äußerst bedeutsamen Entscheidung, meinte sie.
Gegen abgeschottete Wohninsel „Gated Community“
Eine entschiedene Absage erteilte die unabhängige Wählergemeinschaft ALK der ursprünglichen Absicht des Investors, aus
dem künftigen Baugebiet eine sogenannte „Gated Community“ wie in US-amerikanischen Städten zu machen. Dadurch würde die
Bevölkerung durch Einzäunung vom Betreten des Geländes abgehalten, kritisierte der ALK-Stadtverordnete Andreas Colloseus. Er
begrüßte die Mitteilung von Bürgermeister Leonhard Helm (CDU), dass die Stadt dem Investor bereits ein entsprechendes Signal
gegeben habe. Colloseus schlug vor, mit einem weiteren Antrag verbindlich festzuschreiben, dass dort keine abgeschottete
Wohninsel entstehen darf. Wünschenswert wäre zudem, wenn vom Kurbad-Parkplatz aus der Falkensteiner Burghain künftig über
einen öffentlichen Weg zu Fuß erreicht werden könne.
Langfristige verbundene Verpflichtung der Stadt
Die Einnahme von vier Millionen Euro aus dem Grundstücksgeschäft sind außerdem mit der Verpflichtung der Stadt verbunden,
das Kurbad mindestens zehn Jahre in städtischer Verantwortung weiterzubetreiben. Nach derzeitigem Willen der
Parlamentsmehrheit soll der Erlös aus dem Grundstücksgeschäft neben dem Landeszuschuss von 1,2 Millionen in die auf
7,6 Millionen veranschlagte Sanierung des Kurbades gesteckt werden. Mit Blick auf das Haus der Begegnung äußerte die ALK die
Befürchtung, dass es bei den kalkulierten Kosten nicht unbedingt bleiben müsse. Hinzu kämen zusätzlich Kosten von rund
1,6 Millionen Euro, die nach Berechnungen des Magistrats durch die rund 16-monatige Schließung während der Umbauphase
anfallen würden. Größter Kritikpunkt der ALK ist allerdings der jährliche Betriebskostenzuschuss, der im Jahr 2010 bei
wiederum sehr hohen 800.000 Euro gelegen hatte. Auch wenn durch Energiesparmaßnahmen der städtische Zuschuss deutlich
gesenkt werden könne, blieben dennoch Jahr für Jahr hohe städtische Zuwendungen.
Nach Berechnungen der ALK summieren sich die bisherigen städtischen Zuschüsse für das Bad seit dessen Eröffnung vor rund
35 Jahren auf insgesamt rund 30 Millionen Euro. Rechne man Zins und Zinseszins hinzu, so ergebe sich eine Gesamtaufwendung
der Stadt Königstein für die Betriebskosten des Kurbads von insgesamt 62 Millionen Euro – und dies entspreche fast exakt dem
von der Stadt und ihren Gesellschaften angehäuften Schuldenberg, erläuterte Schlachter. Auch die ALK würde das Kurbad gerne
erhalten, aber nicht um jeden Preis.
ALK hält sich an Bürgermeister Helms erstes Wahlprogramm
Das Geld, das ins Bad fließe, fehle an vielen Ecken und Enden und reduziere die städtische Leistungsfähigkeit.
Grundsätzlich, so die ALK-Fraktionsvorsitzende, habe die Wählergemeinschaft im Hinblick auf das Kurbad exakt jene Position,
die Bürgermeister Helm vor seiner ersten Wahl im Jahr 2006 in seinem Programm vertreten hatte: „In der heutigen Form ist das
Kurbad nicht zu erhalten, an eine Sanierung aus städtischen Mitteln ist nicht zu denken. Nur mit privatem Kapital für ein
neues Wellness-Konzept und einer strengen Kostenoptimierung kann das Bad erhalten werden. Zuschüsse der Stadt können künftig
nur fließen, soweit dafür konkrete Leistungen des Bades erfolgen.“ Dem sei nichts hinzuzufügen, so Schlachter. (9.2.2012)
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