In Königstein ist derzeit viel von Monster-Bauten die Rede. Ein solches Bauwerk droht nun nach Einschätzung der
Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein auch im dörflich geprägten Ortskern von Mammolshain.
Die Bauschilder zeigen eine Architektur, die im alten Ortskern beispiellos ist
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Offenbar hat ein Investor eine zeitliche Lücke geschickt genutzt. Der ALK-Stadtverordnete und Mammolshainer
Ortsbeirat Günther Ostermann hat die Entwicklung aus seiner Sicht und der vieler Mammolshainer zusammengefasst:
„Auf einem ehemaligen Gemeindegrundstück zwischen Vorderstraße und Borngasse befanden sich bis zum Abriss
1965 der Gemeindebackes und die alte Schule sowie das alte Spritzenhaus. Auf dem daneben liegenden Privatgrundstück
stand bis vor kurzem ein kleineres, allerdings schon mehr als 10 Jahre leer stehendes, einstöckiges Wohnhaus. Der
ehemals daran anschließende Bauernhof kam in städtischen Besitz und bildet den heutigen Bornplatz.
Dieses Areal bildet den zentralen Ortskern Mammolshains
Dieses Areal bildet den zentralen Ortskern Mammolshains. Der neu gestaltete Bornplatz und die Borngasse werden
gerade deswegen gerne für Feste, Märkte und den kleinsten Weihnachtsmarkt Hessens genutzt.
Schon 1974 erkannte die Stadt Königstein die zentrale Bedeutung des Areals im Ortskern und stellte mit dem
Bebauungsplan M1 „Oberstraße/Vorderstraße“ entsprechende baurechtliche Regeln auf. Schon bei der Umsetzung der
Bebauung des ehemaligen Gemeindebackes und Spritzenhauses wurde gegen diese Regeln verstoßen: Fast alle im
Bebauungsplan festgelegten Kenngrößen wurden überschritten, das Gebäude wurde mit drei Vollgeschossen größer
und höher als städtebaulich vertretbar, die zwingend vorgeschriebene gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss, den
Stadtverordneten war die Zustimmung mit einem geplanten Café schmackhaft gemacht worden, wurde nie umgesetzt,
Ausnahme war lediglich die zeitweise Einrichtung einer Postfiliale in einem Raum des Erdgeschosses. Schon
damals wurde das Gebäude als Bausünde, als nicht zur umliegenden Bebauung passendes Gebäude, kritisiert.
Eine Architektur, die im alten Ortskern beispiellos ist
Jetzt wird nach Einschätzung der ALK die Bausünde ihre Fortsetzung finden. Nachdem das Privatgrundstück
vor etwa zwei Jahren überraschend den Eigentümer wechselte, wurde das kleine Haus abgerissen. Im Internet
bietet der Bauträger insgesamt 5 Wohnungen mit Wohnflächen zwischen 125 und 175 m² bei insgesamt 777 m²
Gesamtwohnfläche an. Gleichzeitig zeigen die Bauschilder eine Architektur, insbesondere des Daches, die im
alten Ortskern beispiellos ist. Der Neubau soll unmittelbar an die Brandmauer der vorhandenen Häuser
angebaut werden und eine etwas geringere Höhe als diese erreichen.
Gestaltungssatzung lasse eigentlich solch ein Gebäude gar nicht zu
Viele Bürger Mammolshains fragen sich derzeit, wie das überhaupt geht, da doch im Rahmen der von 2004
bis 2012 durchgeführten Dorferneuerung mit fachlicher Unterstützung eine Gestaltungssatzung erarbeitet und
von der Stadtverordnetenversammlung im Dezember 2007 beschlossen wurde. Diese seither unverändert gültige
Satzung, die für Anbauten, Umbauten und Neubauten gilt, lasse eigentlich ein Gebäude, wie es jetzt entstehen
solle, gar nicht zu.
Zwar wurde 2013 der bis dahin gültige Bebauungsplan M1 „Oberstraße/Vorderstraße“ wegen Rechtsunsicherheiten
von den Stadtverordneten aufgehoben, aber gleichzeitig wurde die Aufstellung des Nachfolge-Bebauungsplans M13
„Oberstraße/Vorderstraße“ beschlossen, da erkannt wurde, dass der Mammolshainer Ortskern städtebaulicher
Regelung bedarf, um nicht den dörflichen Charakter zu verlieren. Bis zum in Kraft treten des Bebauungsplans
sollte die gleichzeitig beschlossene Veränderungssperre helfen, Bebauungen zu verhindern, die nicht den
städtebaulichen Zielen entsprechen.
Stadtverwaltung verbummelte Verlängerung der Veränderungssperre
Soweit wurde 2013 alles richtig gemacht, trotzdem entsteht nun ein Bauwerk, das weder den städtebaulichen
Zielen, formuliert in dem 2015 vorgelegten Entwurf zum Bebauungsplan M13, noch der Gestaltungssatzung der Stadt
Königstein entspricht. Nach Ansicht der unabhängigen Wählergemeinschaft konnte dies aus zwei Gründen passieren:
Zum einen verbummelte die Verwaltung der Stadt Königstein die termingerechte Verlängerung der Veränderungssperre
durch die Stadtverordneten. Zum zweiten hat der bisherige Eigentümer das brachliegende Grundstück vorher an
einen Investor veräußert. Dieser hat genau in dem Zeitfenster ohne Bebauungsplan oder Veränderungssperre eine
maximale Bebauung nach § 34 des Baugesetzbuches beantragt.
Die Verwaltung der Stadt Königstein, durch die maximale Planung aufgeschreckt, legte dann in rekordverdächtig
kurzer Bearbeitung von nur 6 Wochen einen Vorentwurf für den Bebauungsplan M13 „Oberstraße/Vorderstraße“ vor,
der mit Hinweis der Dringlichkeit (drohende Bebauung eines städtebaulich wichtigen Grundstückes) von den
Stadtverordneten durchgewinkt wurde. Gleichzeitig wurde wieder eine zweijährige Veränderungssperre verhängt.
Viele überraschte Bürger fragen nun, warum jetzt trotzdem gebaut werden kann. Das Rezept für Bauherren ist
da ganz einfach, so die ALK: der Bauherr lenkt in einigen Punkten ein und verspricht, Teile der
Dorfgestaltungssatzung einzuhalten und er reduziert zudem die Bebauung etwas gegenüber der ersten Eingabe.
Gleichzeitig stellt er klar, dass der Antrag in dem Zeitraum gestellt wurde, in dem weder ein Bebauungsplan
noch eine Veränderungssperre rechtskräftig galten, und stellt zugleich ein gewisses Entgegenkommen durch eine
moderate Reduzierung der Maximalforderungen in Aussicht. Da das Recht in diesem besonderen Fall auf seiner
Seite ist, wird ihm also eine Bebauung genehmigt, die seinen Vorstellungen mehr entspricht als den gutgemeinten
städtebaulichen Aspekten.
Abweichungen von der Gestaltungssatzung hat der Magistrat entschieden
Auf die Frage im Ortsbeirat, warum zugleich viele Abweichungen von der Gestaltungssatzung genehmigt wurden,
teilte der Magistrat Ende April 2016 mit, dass der Magistrat das so entschieden habe und der Meinung sei, dieses
Bauvorhaben passe nach Mammolshain.
Bei den Bürgern erntet eine solche Haltung vorwiegend Kopfschütteln über das Agieren der Verwaltung der
Stadt Königstein und das wiederholte Einknicken des Magistrats vor der vermeintlichen Macht eines Investors.
Und am Ende bekommt der Bürger das alles als „besten erreichbaren Kompromiss“ serviert.
Auf der Strecke bleiben die Interessen der Bürger Mammolshains
Auf der Strecke bleiben nach Einschätzung der ALK die Interessen der Bürger Mammolshains. Vom Magistrat der
Stadt Königstein vor vollendete Tatsachen gestellt, müssen sie nun zwei Bausünden im alten Ortskern auf
Jahrzehnte erdulden. Die Bauwerke entsprechen weder den ehemaligen noch den zukünftigen städtebaulichen Zielen,
formuliert in Bebauungsplänen, noch den von vielen Bürgern Mammolshains erarbeiteten und von den Stadtverordneten
als Satzung beschlossenen Gestaltungsrichtlinien für den alten Ortskern.
Nach Ansicht der ALK ist es nachvollziehbar, dass sich jetzt viele Bürger fragen: Wozu haben wir uns eingebracht,
um Mammolshain so zu gestalten, wie wir, die wir hier leben, es formulierten?“ „Die da oben machen ja doch, was
sie wollen“, ist einer der Gründe, warum etliche Bürger politisches Engagement mehr und mehr ablehnen, obwohl
genau das der Grund sein sollte, sich noch mehr zu engagieren, so die Wählergemeinschaft.“ (20.06.2016)