Mit Unverständnis und Erstaunen hat die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein in der Stadtverordnetenversammlung
am 24. September 2020 auf den dritten Veränderungsnachweis zum Haushalt 2021 reagiert. Diesem war zu entnehmen, dass die
Verwaltungsspitze den Verkauf des Grundstücks am Kaltenborn III für 800.000 Euro plant, das ursprünglich für ein
Mehrgenerationenhaus vorgehalten werden sollte.
Baugebiet Kaltenborn III - Verkauf der für ein Mehrgenerationenhaus gewollten Fläche geplant
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Noch im November 2019 antwortete Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) auf eine Anfrage, dass die Fläche am Kaltenborn für das
Mehrgenerationenhaus ausgeschrieben werde.
Verkauf bisher in keinem Gremium diskutiert
Dass die über 1.300 Quadratmeter große Fläche verkauft werden solle, sei bisher in keinem Gremium diskutiert, geschweige
denn beschlossen worden, so ALK-Stadtverordneter Stefan Kilb. Es sei daher nicht sachgerecht, einen eventuellen Verkaufserlös
des Grundstücks als Einnahme im Haushaltsplan festzuschreiben. Stattdessen könnte die Stadt, so der Vorschlag von Kilb, das
Grundstück in Erbpacht zur Bebauung für ein gemeinschaftliches oder genossenschaftliches Wohnprojekt einbringen und so den
Einfluss auf die Bebauung und Ausgestaltung des Hauses nehmen.
Günstiger Wohnraum war Bedingung für Bebauungsplan
Kilb erinnerte daran, dass seinerzeit die SPD-Fraktion im Stadtparlament der Fortführung des Bebauungsplans K 58 Kaltenborn III
nur unter der Bedingung zugestimmt habe, günstigen Wohnraum für Senioren und oder junge Familien zu schaffen. Nunmehr kristallisiere
sich heraus, dass diese Forderung nur noch von der ALK erhoben werde. Das Bündnis aus CDU, FDP, SPD und Grüne habe dagegen den
Gedanken an eine soziale Bebauung schon mit der Verabschiedung des Bebauungsplans 2018 begraben, als es einen entsprechenden Antrag
der ALK ablehnte.
Nachfrage groß - Angebot verringert
Das Mehrgenerationenhaus sollte günstigen Wohnraum für Jung und Alt vorhalten und dadurch Synergieeffekte möglich machen.
Schließlich gebe es in Königstein kaum noch günstigen Wohnraum. Seit Ende 2019 habe sich das Angebot für Wohnungen im öffentlich
geförderten Bereich in Königstein und seinen Stadtteilen nochmals um 12 weitere Wohnungen verringert.
Den letzten Quartalsberichten der Stadt ist zu entnehmen, dass die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen in Königstein groß sei.
Auch die Anzahl der Anträge auf Wohnberechtigungsscheine als Grundlage zur Suche einer öffentlich geförderten Wohnung sei gestiegen.
Andere Städte haben Baulandbeschlüsse gefasst
Königstein benötige günstige und altengerechte Wohnungen, unterstrich Kilb. Dass gewinnorientierte Investoren diese
bereitstellen, sei utopisch, daher sei es Aufgabe der Stadt, entsprechenden Wohnraum vorzuhalten. Viele Städte hätten
deshalb sogenannte Baulandbeschlüsse gefasst, um bei einer Bebauung von größeren Gebieten einen Anteil für geförderten
Wohnungsbau zu sichern. So habe die Stadt Frankfurt beschlossen, 30 % der Flächen für geförderten Wohnungsbau, 15 % der
Flächen für gemeinschaftliche und genossenschaftliche Wohnprojekte, 15 % für frei finanzierten Mietwohnungsbau und 10 %
für preisreduzierte Eigentumswohnungen vorzusehen. Da müsse es der Stadt Königstein wohl möglich sein, in einem Baugebiet
von cirka 25.000 m² wenigstens ein Mehrfamilienhaus zu fördern, so Kilb.
Dass der Bedarf da sei, zeigte sich erst diesen Sommer wieder, als die Netzwerkinitiative „Leben in Gemeinschaft“
bedauerte, dass in Sachen Mehrgenerationenhaus keine Bewegung der Stadt zu erkennen sei, obwohl die Initiative schon
seit Jahren für ihr Projekt werbe.
Entwicklung wieder mehr in die eigene Hand nehmen
Das Grundstück am Kaltenborn III sei für günstigen Wohnraum vorgesehen und daher lehne die ALK den Verkauf an einen
gewerblichen Bauträger ab. Der Verkauf weiterer städtischer Grundstücke sei rückwärtsgewandt. Schließlich gebe es von
allen Seiten Empfehlungen, wie jüngst vom Deutschen Städtetag, dass Kommunen Immobilien erwerben sollten, um die Entwicklung
der Stadt wieder mehr in die eigene Hand zu nehmen. Ein gutes Projekt durch einen Verkauf zu gefährden, sei nach Ansicht
der ALK der falsche Weg.
(13.10.2020)