Am 10. Dezember entscheidet die Königsteiner Stadtverordnetenversammlung, ob das ursprünglich für ein Mehrgenerationenhaus
geplante städtische Grundstück am Kaltenborn III für über 1,13 Mio. Euro an einen privaten Investor verkauft wird. Dieser hatte sich
in einer nichtöffentlichen Sitzung in der Stadtverordnetenversammlung vorstellen dürfen.
Kaltenborn III - Stadt verkauft das für ein Mehrgenerationenhaus gewollte Grundstück
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Geplant wird an dieser Stelle ein Mehrfamilienhaus mit 12 preisgebundenen und zwei freifinanzierten Wohnungen. Die Preisbindung
und das Belegungsrecht für die Stadt Königstein werden zeitlich auf 25 Jahre festgeschrieben.
Andere Grundstücksbewerber durften sich nicht vorstellen
Weshalb die anderen Bewerber für das Grundstück – darunter zwei Wohnungsbaugesellschaften - sich nicht auch vorstellen
durften, konnte seitens des Rathauschefs nicht nachvollziehbar erklärt werden.
Nach Ansicht der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) schaue dieses Vorhaben zunächst gut aus, doch beim
genaueren Betrachten der Sachlage stelle sich heraus, dass die Stadt beim Verkauf des Grundstücks die Hoheit für die Zukunft
in fremde Hände gebe.
Für die vorgebliche Zielgruppe werden keine Wohnungen geschaffen
Entgegen einer Pressemitteilung der SPD werden keine Wohnungen für Personen mit geringem Einkommen geschaffen, sondern Wohnungen
mit einer Förderung für mittlere Einkommen. So würde zum Beispiel ein kinderloses Paar mit einem Bruttoeinkommen abzüglich der geltenden
Freibeträge (bereinigtes Bruttoeinkommen) von 29.768 Euro pro Jahr unter diese Förderart fallen.
Der Verlust sozial gebundener Wohungen geht weiter
Noch 2006 hatte die Stadt Königstein Belegungsrechte für 203 Sozialwohnungen, 2016 waren es auf Anfrage der ALK nur noch 68 Wohnungen.
Königstein hat insgesamt neun städtische Häuser mit 55 preisgünstigen Wohnungen verkauft. Seit Ende 2019 hat sich das Angebot für Wohnungen
im öffentlich geförderten Bereich in Königstein und seinen Stadtteilen nochmals um 12 weitere Wohnungen verringert. Entsprechend dem
Hessischen Wohnraumfördergesetz bietet die Stadt zur Zeit Wohnungen mit Wohnberechtigungsscheinen und Wohnungen für Personen mit geringem
Einkommen an. Der jüngsten Mitteilung des Bürgermeisters Leonhard Helm (CDU) zufolge werde demnächst bei weiteren Wohnungen die soziale
Bindung auslaufen.
ALK will das Grundstück unter städtischer Regie behalten
Trotz dieser Entwicklung seien unter Bürgermeister Helm keine neuen Sozialwohnungen geschaffen worden, kritisiert ALK-Fraktionsvorsitzende
Nadja Majchrzak. Mit dem Verkauf des Grundstücks am Kaltenborn III erhalte die Stadt zwar für 25 Jahre das Belegungsrecht für 12 Wohnungen.
Danach allerdings könne der Eigentümer die Mietpreise frei festlegen. Daher vertritt die ALK die Position, dass das Grundstück in städtischer
Hand verbleiben solle. Man könne zum Beispiel in Eigenregie bauen, das sei beim Kindergarten am Hardtberg ja auch möglich. Oder man könne das
Grundstück in Erbpacht an einen Projektentwickler abgeben.
Wenn die Mehrheit letztlich doch entscheiden sollte, das Grundstück zu verkaufen, könne man besser einer Wohnungsbaugesellschaft den
Zuschlag geben, die aufgrund ihrer Satzung grundsätzlich nur bezahlbaren Wohnraum errichtet. Leider sei auch nicht proaktiv das Gespräch
mit der Königsteiner Heuckeroth-Stiftung gesucht worden, die ihr geplantes Mehrfamilienhaus für Menschen mit geringeren Einkommen eventuell
hier hätte verwirklichen können.
Angebote der Interessenten sind zurückgehalten worden
Die Unterlagen der Interessenten waren bereits im November 2019 eingereicht worden. Es wäre also genug Zeit gewesen, den städtischen
Gremien alle Angebote vorzulegen und in Ruhe zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen. Die Vorauswahl eines privaten Investors durch
die Verwaltung, der sich als einziger vorstellen durfte, sei aus Sicht der ALK diskussionswürdig. Insbesondere eine der Wohnungsbaugesellschaften
hatte ein ebenso gutes Angebot eingereicht und sich offen für Nachverhandlungen gezeigt. Königstein gebe mit dem Grundstück eine Filetlage
auf, deren Wert in Zukunft weiter steigen werde. Eine vertane Chance, so die größte Fraktion im Königsteiner Stadtparlament.
Positionswechsel der SPD
Weiterhin kritisiert Majchrzak, dass das angedachte soziale Projekt des gemeinschaftlichen Wohnens, das die Netzwerkinitiative vor über
zehn Jahren ins Leben gerufen hatte, in dem geplanten Bauprojekt keine Heimat finden werde. Schließlich habe die SPD seinerzeit der Bebauung
am Kaltenborn III nur unter der Bedingung zugestimmt, dass hier ein Mehrgenerationenhaus entstünde.
Die ALK bedauere diesen Positionswechsel ebenso wie die zu erwartende Mehrheitsentscheidung für den Verkauf eines weiteren städtischen
Grundstücks aus dem „Tafelsilber“.
(8.12.2020)
Nachtrag vom 10.12.2020:
Ein Gegenantrag der ALK, mit dem Ziel, das Grundstück unter städtischer Regie zu bebauen, ist in der Stadtverordnetenversammlung vom
Bündnis-Block abgelehnt worden. Abstimmungsergebnis: 12 Ja, 24 Nein. Die Mehrheit des Vier-Parteien-Bündnisses aus CDU, FDP, SPD und Grüne
hat den Verkauf des Grundstücks an die Investorenfamilie anschließend gegen die Stimmen der ALK beschlossen.
Abstimmungsergebnis: 24 Ja, 12 Nein