Mit einem Verhandlungsmandat, das bereits die Unterschrift des Investors trägt und damit von ihm abgesegnet worden ist,
schickte die Mehrheit des Königsteiner Stadtparlaments Bürgermeister Helm (CDU) in das weitere Verfahren zur Bebauung
des ehemaligen BNS-Sportplatzgeländes. Die ALK, die an dieser Stelle lieber ein Gewerbegebiet als ein Wohnquartier mit
75 Wohnungen und einigen Gewerbeflächen gesehen hätte, bedauert dies.
Der ehemalige Sportplatz der Bischof-Neumann-Schule wird gegenwärtig als
Abstellplatz für Gebrauchtwagen und ein Reifenlager genutzt
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Von einem echten Verhandlungsmandat könne keine Rede sein, so ALK-Fraktionsvorsitzende Runa Hammerschmitt. Besonders ärgerlich
sei laut Hammerschmitt, dass der Investor, der im Vorfeld ein nachhaltiges Bauprojekt versprochen hatte, nun mit dem geringeren
Effizienzstandard 55 bauen dürfe, für den Ende Januar 2022 sogar die staatliche Bezuschussung wegfalle, denn dieser sei mittlerweile
die Norm. Fördergelder werden danach vermehrt in besonders effiziente Neubauten, das heißt in den KfW-40-Standard fließen. Dieser
entspreche den modernen Ansprüchen an Nachhaltigkeit.
Stadt baut Passivhaus, Investor darf konventionell bauen
Während der neue Kindergarten „Wirbelwind“ auf der anderen Straßenseite des Projektes als Passivhaus errichtet werde, könne der
Investor seine Gebäude in konventionellerer Bauweise planen. Dies wurde durch einen entsprechenden Antrag der CDU möglich, dem sogar
die Königsteiner Grünen zustimmten. Der noch im Magistrat einstimmig befürwortete KfW-40-Standard wird nun durch den weniger
klimaeffizienten KfW-55-Standard ersetzt.
Argumentiert wurde unter anderem damit, dass der KfW-40-Standard, Fernwärme erfordere. Dies konnte die ALK nicht überzeugen, denn
auch mit einem Blockheizkraftwerk oder anderer moderner Technik sei eine Wärmeversorgung möglich. Neubauprojekte sollten nach Ansicht
der ALK so energieeffizient wie möglich gebaut werden. Man solle zukunftsfähig handeln und nicht rückwärtsgewandt.
Wunsch und Wirklichkeit
Während der Debatte in der Stadtverordnetenversammlung wurde das Projekt insbesondere seitens der Grünen in den höchsten Tönen
gelobt. Gemeinsam mit der SPD hoffe man auf bezahlbaren Wohnraum. Man erwarte, dass der Alnatura-Markt sich dort ansiedle und halte
die Projektplanung für äußerst transparent.
Wenn diese Wünsche Wirklichkeit werden sollten, wandte Hammerschmitt ein, dann müsse man sie in konkrete Anträge zum Verhandlungsmandat
formulieren. Andernfalls gebe es keine Gewähr für deren Umsetzung. Allein aufgrund mehrerer Zusatzanträge des Magistrats seien nachhaltige
Aspekte wie Brauchwassernutzung, Solarmodule und E-Mobilität in das Mandat eingeflossen. Der Antrag zum Standard KfW, der im Magistrat noch
einstimmig befürwortet worden war und im Bau- und Umweltausschuss (BUA) eine Mehrheit erhielt, wurde eine Woche später dann vom Stadtparlament
mehrheitlich gekippt. Ob der Investor, der bei der BUA-Sitzung anwesend war, den effizienteren Standard nicht wollte, könne man nur vermuten.
Bereits im Vorfeld der Verhandlungen die Forderung nach hoher Energieeffizienz aufzugeben, zeuge von Mutlosigkeit dem Investor gegenüber.
Die Interessen der Stadt und zukünftiger Generationen, so die ALK, sollten über denen des Investors stehen. Dieser spare nun Kosten und könne
seinen Gewinn vergrößern. Und er werde in Königstein zumindest kein wirklich nachhaltiges Wohnquartier errichten.
(16.11.2020)