Rede der ALK-Fraktionsvorsitzenden Hedwig Schlachter (11.10.2012)
„Es ist einigermaßen frustrierend, hier erneut eine Rede zu diesem Thema zu halten, bei dem seit als mehr als drei Jahren die Meinungen festgezurrt sind, und klar ist, dass – komme was da wolle- das Ergebnis der Abstimmung schon jetzt feststeht. Die Mehrheit dieses Parlaments ist für das Projekt und keinen Argumenten mehr zugänglich.
Sehr beachtlich ist, dass es selten, bzw. noch nie bei einem Bebauungsplan in Königstein so viele Einwendungen gab wie bei diesen beiden. Das zeigt, dass es eine sehr große Anzahl von Bürgern gibt, die mit diesen Plänen durchaus nicht einverstanden sind. Die Einwendungen kamen nicht nur aus Schneidhain, sondern auch aus anderen Stadtteilen Königsteins. Das zeigt, dass dieses Großprojekt nicht nur in der unmittelbaren Umgebung des Vorhabens wahrgenommen wird, sondern durchaus auch Bürger aus anderen Stadtteilen mobilisiert.
Man möge daher überlegen, ob es sinnvoll ist, ein solches Projekt gegen den Willen von so vielen Bürgern durchzudrücken, auch wenn hier in diesem Parlament eine Mehrheit dafür vorhanden ist.
Die Gegner des Projekts sind keineswegs rückständige Hinterwäldler – etwa in der Art der Maschinenstürmer zu Beginn der Industrialisierung - die Angst vor jeglicher Veränderung haben, wie es der Vertreter des Investors in der letzten Bürgerversammlung zu diesem Thema durchaus geschickt darzustellen versuchte. Er hatte sicher ein Intensivseminar zum Umgang mit aufmüpfigen Bürgern besucht und dort gelernt, dass das durchzudrückende Projekt möglichst in rosa Farben zu malen ist. Wichtig hierbei ist, dass nur Positives hervorgehoben werden darf. So kam er zum Schluss seiner Ausführungen zu dem Ergebnis, dass das Projekt einen Gewinn für Schneidhain darstellen wird. Geflissentlich vergaß er aber zu erwähnen, dass es ihm doch eigentlich in erster Linie auf den Gewinn für seine Firma ankommt, denn nur deshalb wird das Projekt durchgezogen.
Die Gegner des Projekts sind auch keine rückwärtsgewandten Fortschrittsgegner, sondern hauptsächlich junge Familien, die die Zukunft ihrer Kinder im Auge haben und konkrete Argumente vortragen:
1. Die geplante Wohnbebauung ist zu massiv, zu dicht und zu hoch.
Ein Redner in der Bürgersammlung nannte sie gedrückt und gequetscht. Diese Argumente hat auch die ALK seit Beginn der Planungen immer wieder vorgebracht. Das neue Baugebiet wird Schneidhain nicht verschönern. Die Bebauungsdichte entspricht der in dem Neubaugebiet am Neuenhainer Wald gegenüber der KVB-Klinik, und das ist wahrlich kein städtebauliches Ruhmesblatt.
2. Keine Verlegung des Sport- und Spielplatzes
Viele Einwendungen sprechen sich für den Erhalt des sozialen Zentrums Schneidhains aus, des einzigartigen Ensembles mit Sportplatz, Spielplatz, Rollschuhbahn, Schule und Kindergärten. Der Spielplatz ist mit seinem Bestand an hohen Bäume und der Großzügigkeit der Anlage fast ein kleiner Park in der Ortsmitte. Es ist ein Anziehungspunkt für Familien mit Kindern, die dort spielen und picknicken. Der geplante Ersatz des Spielplatzes an der Heinrich-Dorn-Halle wird dieses Flair nie erreichen, auch wenn dort gleichwertige Spielgeräte aufgestellt werden. Es geht nicht darum, wie viele Quadratmeter der Ersatzplatz größer oder kleiner sein wird, es geht einfach darum, dass die gewachsene Anlage in ihrer Gesamtheit zerstört wird.
Die Verlegung des Sportplatzes weg von der Schule ist eine sehr schlechte Lösung. Man sollte meinen, dass eine Gemeinde sehr froh ist, wenn der Sportplatz neben der Schule liegt, denn da gehört er schließlich hin. Wenn stattdessen auf dem Gelände Wohnraum für neue Kinder geschaffen werden soll, die dann keinen Sportplatz in unmittelbarer Nähe mehr haben, ist das ein Planungsansatz der eher nach Schilda passt als ins wirkliche Leben. Viele Eltern haben kritisiert, dass der Weg von der Schule zu dem neuen Sportplatz zu weit ist, um den Sportplatz für den Schulsport sinnvoll zu nutzen. Das ist auch so und lässt sich nicht wegdiskutieren. Es hilft auch nicht viel weiter, wenn der Bürgermeister immer wieder wiederholt, der Sportplatz werde ohnehin nicht für den Schulsport genutzt. Das stimmt einfach nicht. Die Eltern haben sich hier ganz anders geäußert.
Der immer wieder angeführte Lärm, der von dem Sportplatz ausgeht und es nötig mache, dass dieser verlegt werde, kann in dieser Form auch nicht als Argument angeführt werden. Es gibt hier für Sportanlagen an Schulen einen so genannten Altanlagenbonus, der diese in besonderer Weise privilegiert. Nach der Sportanlagenlärmschutz-Verordnung gewährt dieser Altanlagenbonus solchen Anlagen einen Bestandsschutz. Dieser gilt auch dann, wenn die Sportanlage renoviert wird. Es wäre also durchaus zulässig gewesen, den bestehenden Sportplatz mit Kunstrasen zu versehen. Es wäre auch möglich gewesen, ihn zu verkleinern und am unteren Ende des Platzes einen Supermarkt vorzusehen. Dies ist sowohl von dem Bürgermeister als auch von den Planern immer wieder verneint worden. Richtig ist aber, dass der Altanlagenbonus nur dann entfällt, wenn die Identität der Anlage wesentlich verändert würde und etwa deutlich höherer Verkehr etc. zu erwarten wäre. Das ist hier aber nicht der Fall. Der Austausch des Belags oder die Verkleinerung des Platzes bedeutet keine wesentliche Veränderung der Anlage. Dies wurde in einer Reihe von Gerichtsentscheidungen bestätigt.
Im Übrigen ist das Lärmargument bei der Renovierung des Sportplatzes am Königsteiner Kreisel mit keinem Wort erwähnt worden. Die angrenzende Wohnbebauung am Wolfsweg ist ebenso dicht an der Anlage wie die Wohnbebauung in Schneidhain. Hier wird bei der Auslegung der Vorschriften offenbar mit verschiednen Maßen gemessen, je nachdem, wie es gerade passt.
3. Supermarkt
Ein weiters wesentliches Argument vieler Befürworter des Projekts ist die Aussicht auf einen Supermarkt in Schneidhain. Allerdings ist es bis jetzt mehr als fraglich, ob sich hier ein Betreiber finden wird. Dies ist in den vergangen Jahren jedenfalls nicht gelungen. Wenn der Standort wirklich so attraktiv wäre, hätten eigentlich entsprechende Verträge schon längst geschlossen sein können. Das ist aber nicht der Fall.
Der Investor konnte auf der Bürgerversammlung auch nichts zu dem Thema sagen, außer dass Gespräche stattfänden. Es scheint also schwierig zu sein. Selbst der Planer geht in der Begründung zu dem Bebauungsplan davon aus, dass die gemäß Bebauungsplan zulässige Verkaufsfläche von 1.200 m² voraussichtlich von keinem potenziell an dem Standort interessierten Anbieter ausgeschöpft werden wird.
An anderer Stelle aber haben wir gelernt, dass Supermärkte – und gemeint sind hier Vollsortimenter – mit einer kleineren Fläche sich nicht rechnen. Das wurde uns bei der Planung der Stadtgalerie immer wieder erklärt.
Dies alles bestätigt die Befürchtungen, dass es wohl eine Nahversorgung in der erhofften Form eines Vollsortimenters in Schneidhain nicht geben wird.
Ein solcher Nahversorger ist jedoch, wie wir aus vielen Gesprächen mit Bürgen wissen, für viele ein durchaus gewichtiges Argument für die Zustimmung zu dem Projekt.
Allerdings war in den Ausführungen der Stadt zu den entsprechenden Bedenken von Bürgern auch die Rede davon, dass, wenn sich kein Betreiber für einen Supermarkt fände, diese Fläche dann doch noch für Wohnbebauung genutzt werde könnte, wozu allerdings ein neuerlicher Beschluss des Stadtparlaments erforderlich wäre. Aber ein solcher scheint aus heutiger Sicht nur Formsache zu sein. Den Investor würde es sicherlich freuen, denn für ihn war der Supermarkt nur eine Kröte, die er schlucken musste, um die gewinnbringenden Wohnungen bauen zu dürfen.
4. Kosten und Realisierung
Nach den uns gegebenen Informationen sollen am Ende aller Tage etwa zwei Millionen Euro Gewinn bei der Stadt verbleiben. Hieran haben wir von Anfang an erhebliche Zweifel geäußert. Diese haben sich im Laufe des Verfahrens eher verstärkt. Es gibt erhebliche Probleme mit dem unterirdisch durch das Gelände fließenden Braubach. Dieser müsste nach einer europäischen Richtlinie eigentlich freigelegt werden. Dies wäre aber mit erheblichen Einschränkungen der Bebaubarkeit, d.h. mit einer Verringerung des Gewinns des Investors, somit auch des Gewinns der Stadt, verbunden. Also wird nach Mitteln und Wegen gesucht, wie man die eigentlich erforderliche Öffnung des Baches umgehen könnte, indem man versucht, ihn möglichst unangetastet zu lassen. Ob das letztlich gelingen wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall liegt darin noch ein großes Risiko.
Auch muss das Gelände an beiden Standorten des Projekts mit gewaltigen Stützmauern versehen werden, um die Niveauunterschiede auszugleichen, bzw. Aufschüttungen abzustützen. Erfahrungsgemäß treten bei derart umfangreichen Erdarbeiten immer wieder erhebliche Kostensteigerungen auf.
Mit andern Worten: An den Gewinnerwartungen der Stadt sind große Fragezeichen anzubringen.
Nach alledem müssen Sie sich fragen lassen, ob sich angesichts der Vielzahl von Problemen, die das Projekt mit sich bringt, es sich lohnt, dieses Risiko einzugehen, oder ob es nicht besser wäre, auf die Bebauung des Sportplatzes zu verzichten und den vorhandenen Sportplatz zu einem Kunstrasenplatz umzugestalten, wie dies auch in Mammolshain für rund 350.000 Euro möglich war, sowie Spielplatz und Rollschuhbahn am vorhandenen Standort zu belassen. Wenn ein Supermarkt gewünscht wird, könnte auch der Sportplatz verkleinert werden und am unteren Ende des Geländes ein solcher Einkaufsmarkt gebaut werden. Der Erlös aus dem Verkauf des Geländes könnte dann für die Renovierung des Sportplatzes verwendet werden. Wir hatten einen entsprechenden Vorschlag bereits vor mehr als zwei Jahren vorgelegt. Leider haben Sie es seinerzeit abgelehnt, diesen Vorschlag auch nur zu prüfen.
Das bedauern wir immer noch sehr.“
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