Bei jedem Versuch wird bewusst auch die Möglichkeit eines Misserfolgs in Kauf genommen und das Ergebnis offengelassen.
Dass Fehlschläge bei der Testphase Verkehrsdrehung nicht lange auf sich warten ließen, sei aus Sicht der Aktionsgemeinschaft
Lebenswertes Königstein dennoch absehbar gewesen.
Die Verkehrsdrehung soll die "Aufenthaltsqualität in der Georg-Pingler-Straße verbessern"
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Unverständlich sei jedoch, dass seitens der Verwaltung trotz vieler negativer Rückmeldungen und Erfahrungen, an dem Versuch
festgehalten werde. Man doktere nun lieber durch angekündigte „Optimierungen“ an den symptomatischen Auswirkungen der Drehung
herum, als die Ursache der Probleme anzuerkennen und zu beheben, stellt ALK-Stadtverordneter Andreas Colloseus fest.
Mit Blumenkübeln Restaurantflächen im öffentlichen Raum abzuteilen, sei eine putzige Idee, wäre jedoch schon vor einer
Drehung des Verkehrs möglich gewesen. Ebenso sei die gewünschte Verlängerung der Fußgängerzone unabhängig von der Verkehrsdrehung
umsetzbar und könne nach Beendigung und Rückbau des Versuchs angegangen werden.
Barrierefreiheit auch ohne Drehung möglich
Dass die erforderliche Barrierefreiheit von einigen Protagonisten als Hauptargument für die Drehung genannt werde, verwundere
schon. Acht mögliche barrierefreie Haltestellen hätten bereits vor der Drehung eingerichtet werden können, indem die Bordsteine unter
Aussparung der Einfahrten angehoben werden. Das seien mehr als bei der Variante mit der Verkehrsdrehung.
Sollte das Ziel bleiben, die Busse in größerem Abstand von den Häusern halten zu lassen, so könne man besser Ein- und Ausstiegsinseln,
ähnlich wie am Bad Sodener Bahnhof, in der Georg-Pingler-Straße ohne Drehung einrichten.
Bisher gebe es für die Aktionsgemeinschaft keine Erkenntnis, die die umgedrehte Verkehrsführung rechtfertige. Im Gegenteil.
Die Konrad-Adenauer-Anlage sei seit der Drehung von Bussen umgeben, was dem Stadtbild abträglich sei und den ÖPNV unübersichtlicher
mache, so Colloseus.
Mehr Immissionen und neue Gefahrenstellen durch die Drehung
Das Anfahren bergauf in die Klosterstraße führe zu mehr Lärm- und Abgasimmissionen. Insbesondere am Zebrastreifen müssten die
Busse anhalten und nochmals anfahren. Im Winter bei Eisglätte werde das Anfahren nochmals schwieriger.
Die Schleppkurve bei rechtsabbiegenden Bussen sei größer als bei Linksabbiegern, so dass die Busse immer die Gegenfahrbahn
nutzen müssen, immerhin weist ein Warnschild in der Klosterstraße darauf hin. Trotzdem kommen insbesondere schwächere Verkehrsteilnehmer
wie Radfahrende immer wieder in gefährliche Situationen, auch weil die Sicht der Busfahrer in der Kurve behindert sei.
In der Adelheidstraße müssen Busse an parkenden Bussen vorbeifahren und kommen dadurch ebenfalls auf die Gegenfahrbahn, was
den einen oder anderen PKW- und LKW-Fahrer zum Stoppen zwinge und dadurch den Verkehrsfluss behindere. Oft stehe sogar ein Bus
mehr als vorgesehen dort und führe zu weiteren, nicht ungefährlichen Behinderungen im Kreuzungsbereich Klosterstraße/Adelheidstraße.
Unübersichtlich geworden sei zudem noch die Ausfahrt vom Alnatura-Parkplatz.
Wie könne ein Verkehrsversuch, bei dem eindeutige Gefahrenstellen an mindestens zwei Stellen billigend in Kauf genommen werden,
verlängert werden, fragt sich Colloseus.
Erschwertes Erreichen der Innenstadt wegen Drehung
Bei der Errichtung der Stadtgalerie habe man mit der Zulassung von Gegenverkehr in der Adelheidstraße und Klosterstraße die
Fahrt in die Innenstadt vereinfachen wollen.
Mit der gedrehten Verkehrsführung verlieren Verkehrsteilnehmer, die aus der
Le Cannet-Rocheville-Straße in die Innenstadt
abbiegen wollen, an der Klosterstraße nun ihre Vorfahrt. Erschwerend komme noch Ausweichverkehr hinzu, da die zweite Kreiselspur
noch immer nicht geöffnet sei. Das sei ein bedeutender Nachteil für alle, die aus dem westlichen Teil Königsteins kommen.
Es könne nicht das politische Ziel sein, Bürgern aus der Altstadt und dem Umfeld von Ölmühlweg, Limburger Straße und Altkönigstraße
die Fahrt ins Zentrum zu erschweren, kritisiert Colloseus.
Einwohnerstruktur berücksichtigen
Der Ruf nach weniger Autoverkehr im Zentrum, sei zu unterstützen. Man müsse bei der Innenstadtgestaltung dabei auch die
Einwohnerstruktur Königsteins berücksichtigen. Viele ältere Personen und Familien sind beim Einkaufen auf ihren PKW angewiesen.
Vorab sollten deshalb funktionierende und attraktive Alternativen geschaffen werden. Nur so könne der motorisierte Individualverkehr
reduziert werden.
Die Erfahrungen der Gewerbetreibenden in der Innenstadt, die über zurückgehende Umsätze im Zusammenhang mit dem
Verkehrsversuch beklagen, seien bisher ungehört geblieben. Die Verkehrsdrehung mit der unübersichtlichen Verkehrsführung
und dem Entfall von Kurzzeitparkplätzen habe viele Bürger und Bürgerinnen abgeschreckt. Diese kaufen nun in anderen
Städten ein, wo die Situation klarer und besser sei.
(30.08.2022)
Nachtrag vom 22.9.2022: Ende des Verkehrsversuchs beschlossen
Mit 16 Stimmen von ALK und FDP gegen 14 Stimmen hat die Stadtverordnetenversammlung diesem FDP-Antrag zugestimmt:
Der Magistrat wird beauftragt, die Testphase Umkehrung der Busfahrtrichtung zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden
(Fahrplanwechsel). Innerhalb eines halben Jahres ist eine Neuplanung vorzulegen, die folgende Elemente enthält:
Durchfahrtverbot für den Individualverkehr ab jetziger Ausfahrt P2 bis zur jetzigen Ein- und Ausfahrt P1.
Alternativen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit der Bushalteplätze. Ausreichende Parkplätze.
Nachtrag vom 2.1.2023: Der Rückbau beginnt
Wie angekündigt, beginnt in den Weihnachtsferien der Rückbau der provisorischen Bushaltestelle und die Wiederherstellung
der früheren Fahrtrichtung.