Das Vierer-Bündnis von CDU/FDP/SPD/Grünen mit seinen 24 Stadtverordneten steht. Es lieferte sein
Gesellenstück bei der Stadtverordnetenversammlung am 14. April bei der Wahl von Alexander Freiherr von Bethmann
mit 24 Stimmen zum neuen Stadtverordnetenvorsteher. Auf den bisherigen Amtsinhaber Robert Rohr (ALK) entfielen
die 13 Stimmen der ALK.
Während landauf landab das ungeschriebene Gesetz der jeweils stärksten Fraktion das Vorschlagsrecht für den
Stadtverordnetenvorsteher gibt, ist dies im Gegensatz zu den meisten Taunusstädten in Königstein nicht der Fall.
Dabei gehört die ALK mit ihren 35,5 Prozent zu den stärksten politischen Kräften im Hochtaunuskreis. Stärkere
politische Gruppierungen gibt es lediglich in Weilrod mit der FWG (56,3%), Wehrheim (CDU, 46,2%), Bad Homburg
(CDU, 44,2%), Usingen (CDU, 42%) und Steinbach (FDP, 39%). Die Königsteiner ALK ist sogar stärker als die CDU
im Kreistag Hochtaunus, die auf 34,1% kommt. Keine Frage, dass die stärksten Fraktionen in diesen Städten und
im Kreistag den Stadtverordnetenvorsteher, bzw. den Kreistagsvorsitzenden stellen. Im Hochtaunuskreis gehen
lediglich in Königstein wie auch in Glashütten die Uhren anders.
"Sie ignorieren mehr als ein Drittel der Wähler"
Dieses Verhalten der vier kleineren Fraktionen kritisierte der ansonsten für sein ausgleichendes Wesen bekannte
ALK-Stadtverordnete Manfred Colloseus mit den Worten: "Lassen Sie sich ins Stammbuch schreiben, dass Sie spalten,
indem Sie mehr als ein Drittel der Wähler ignorieren". Er verwies darauf, dass Robert Rohr nach der Stimmenzahl bei
der Wahl der populärste Königsteiner Kommunalpolitiker ist und unter den Top Ten der Politiker mit den meisten
Stimmen gleich sechs ALK-Vertreter sind.
Bei der folgenden Wahl der fünf stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher leistete sich das Parteien-Bündnis
gleich den ersten Patzer. Die vier Parteien hatten nicht kalkuliert, dass bei fünf zu vergebenden Positionen gleich
zwei an die ALK gehen würden, die mit 13 Sitzen mehr als ein Drittel der Stadtverordneten stellt. Gewählt wurden
als ALK-Vertreter Robert Rohr und Dr. Michael Hesse. Die Parteien wollten jeder Fraktion einen Stellvertreter geben.
Erste Pannen
Auf der von dem Parteienbündnis eingereichten Wahlliste für die fünf Stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher
folgte nach den Stadtverordneten Otto, Villmer und Völker-Holland der CDU-Fraktionsvorsitzende Hees erst an vierter
Stelle in der von Hees vor dem Stadtparlament präsentierten Kandidatenliste. Nach etlichen Schrecksekunden und
aufgeregten Beratungen der Mehrheitsparteien mussten diese einsehen, dass nach dem anzuwendenden
Hare-Niemeyer-Berechnungsverfahren nur drei Stellvertreter auf sie entfallen waren. Zur großen Überraschung aller
aufmerksamen Zuhörer präsentierte Stadtverordnetenvorsteher von Bethmann dann unter den drei gewählten Vertretern
der Koalition auch den nur auf Platz 4 genannten CDU-Fraktionschef.
Hierzu erläuterte Stadtverordnetenvorsteher von Bethmann, dass die Reihenfolge der Namen der potentiellen
stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher auf einem ihm vorliegenden Blatt eine andere war als die Reihenfolge,
in der sie vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Hees bei seinem Vorschlag der Kandidaten vor den Stadtverordneten vorgetragen
wurde. Und Fraktionschef Alexander Hees selbst erklärt dazu: „Es gab keine Manipulation in der Stadtverordnetenversammlung,
nur einen technischen Fehler." Einige Anwesende, auch im Zuschauerraum, hatten im ersten Moment einen Manipulationsversuch
vermutet - zu Unrecht offenbar, wie FDP und CDU betonen.
Die zweite, freundlich ausgedrückt, unglückliche Maßnahme des neuen Stadtverordnetenvorstehers war bei der Wahl des
Stellvertreters für die wichtige Verbandskammer FrankfurtRheinMain: Obwohl von Bethmann für diese Position selbst
kandidierte, leitete er den Wahlgang, den er mit 24 zu 13 gegen den ALK-Vorsitzenden Robert Rohr gewann. Nicht, dass
bei einem anderen Sitzungsleiter die Wahl anders ausgegangen wäre, es ist aber zumindest eine Frage des Stils, nicht
seine eigene Wahl zu leiten. Von Bethmann hätte sich am Beispiel seines Vorgängers Rohr orientieren können, der vor
fünf Jahren für die selbe Position kandidierte und für diesen Wahlgang die Sitzungsleitung abgegeben hatte - an seinen
damaligen Stellvertreter von Bethmann.
Wer regiert die Stadt
In einer Pressemitteilung hatte die neue Koalition am 10. April stolz verkündet, dass CDU, FDP, SPD und Grüne
Königstein in den kommenden fünf Jahren gemeinsam regieren werden. Allein dieser Regierungsanspruch belegt nach
Auffassung der ALK die Denkhaltung dieser Parteien. Im deutlichen Gegensatz zu diesen Parteien wolle die ALK weder
die Stadt noch die Königsteiner Wähler und Bürger regieren, betonte die unabhängige Wählergemeinschaft. Die ALK
habe den Anspruch, die Kommunalpolitik in Königstein mitzugestalten und den Bürgern Gehör zu verschaffen. Deshalb
setze sie auf ein Höchstmaß an Bürgerbeteiligung. Dazu gehöre auch eine Befragung der Bürger zur Zukunft des Kurbades,
die aber von den Parteien abgelehnt werde. Diese wollten eine solch wichtige Entscheidung mit erheblichen finanziellen
Auswirkungen auf die Zukunft der Stadt lieber unter sich ausmachen, kritisiert die ALK.
Koalition korrigiert Postenpläne
Ursprünglich hatte die neue Koalition fast alle wichtigen Posten unter sich verteilt, vom Aufsichtsrat des
Krankenhauses bis hin zu den Vertretern im Abwasserverband Kronberg. Doch Bürgermeister Helm (CDU) hatte seine
Koalition vier Tage vor der entscheidenden Sitzung des Stadtparlaments darauf hingewiesen, dass die ALK wegen
ihrer Stärke im Parlament bei drei zu vergebenden Mandaten im jeweiligen Gremium rechnerisch einen Sitz erhalte -
und so kam es dann auch, jeweils ohne Kampfabstimmung, da die Koalition Einsicht in das Rechenverfahren zeigte
und die ALK sich mit jeweils einem Vertreter an den gemeinsamen Listen der Koalition beteiligte.
Pleiten, Pech und Pannen
Erstmals seit ihrer Wahl ins Königsteiner Stadtparlament vor 35 Jahren meldete sich die unabhängige
Wählergemeinschaft bei dem vermeintlichen Routinepunkt "Beschlussfassung über die Gültigkeit der Kommunalwahl"
zu Wort. Zu viele Pannen und Nachlässigkeiten hatten sich bei dieser Wahl ereignet, als dass man darüber den
Mantel des Schweigens hätte decken dürfen. In ihrer ersten und für die nächsten fünf Jahre einzigen Rede als
Stadtverordnete kritisierte Gabriela Terhorst die Organisation der Kommunalwahl in Königstein. Im darauffolgenden
Tagesordnungspunkt wurde sie erneut in den Magistrat gewählt und muss künftig wieder die Sitzungen der
Stadtverordneten schweigend verfolgen. Zwar dürfen auch Stadträte und Stadträtinnen vor dem Stadtparlament für
den Magistrat sprechen, aber nur, wenn ihnen der Bürgermeister das Wort erteilt - und das hatte dieser in den
vergangenen Jahren trotz mehrerer Wortmeldungen Terhorsts nicht getan.
Zu den Kritikpunkten Terhorsts am Ablauf der Wahl gehörten zu wenige Wahlkabinen, die späte amtliche
Bekanntmachung (erst knapp zwei Wochen nach Beginn der Briefwahl), die späte, aber noch fristgerechte
Versendung der Wahlbenachrichtigungen an die Bürger, die Bewertung von 49 ursprünglich als komplett ungültig
eingestuften Stimmzetteln, die laut Berichten von Mitbürgern in diesem Punkt offenbar ungenügende Schulung
der Wahlhelfer, die doppelte Eingabe eines Wahlbezirks unter tatkräftiger Mitwirkung einer CDU-Stadtverordneten
sowie die Veröffentlichung unzutreffender Wahlergebnisse. Die ALK war für die komplette Neuauszählung aller
Stimmen eingetreten - mit dem Risiko, dass die CDU noch besser abschneiden würde, denn die bisherige
Mehrheitspartei kam ursprünglich laut dem Trendergebnis vom Wahlabend auf zehn Parlamentssitze und hatte dann
mit jeder Veröffentlichung eines neuen Wahlergebnisses jeweils einen Sitz bis letztendlich auf 12 Sitze zugelegt.
Ihr Missfallen über die Organisation der Wahl in Königstein brachte die ALK durch ihre Enthaltung bei der
Abstimmung über die Gültigkeit der Wahl zum Ausdruck - bislang waren die Wahlergebnisse der früheren Wahlen
stets einstimmig mit 37 Ja-Stimmen angenommen worden.
Für die neue Koalition wird noch ein Name gesucht
Noch tut sich die Königsteiner Kommunalpolitik schwer, einen passenden Namen für den Zusammenschluss von
gleich vier Parteien (CDU, FDP, SPD und Grünen) zu finden. Analog zur Jamaika- oder Kenia-Koalition mit den
Farben der jeweiligen Koalitionäre gilt für den Königsteiner Vier-Parteien-Pakt der Blick nach Ghana: Die
Flagge dieses afrikanischen Landes hat die drei Streifen rot, gelb und grün sowie im Zentrum einen schwarzen
Stern. So könnte "Ghana-Connection" zu einem griffigen Titel werden. Bislang geistern folgende weitere Begriffe
durch den Raum, die von Königsteiner Wählern mehr oder weniger ernsthaft vorgeschlagen wurden: Vierer-Bündnis,
Vierer-Koalition, Verlierer-Koalition (nur die FDP hatte Zugewinne), Verlierer-Mafia, Vierer-Bande, Vierer mit
zwei Steuermännern (Bürgermeister Helm und FDP-Chef Otto), Blockparteien-Bündnis. Möglich wäre auch der von
CDU-Fraktions-Chef Hees verwendete etwas bedrohliche Begriff "Der Zusammenschluss". Weitere Vorschläge lauten
"Pizza-Bündnis", Pizza-Connection oder Pizza-Pakt (da bei der entscheidenden Sitzung Pizza bestellt und von
den vier Parteien verzehrt wurde, während die ALK dankend abgelehnt hatte). Wer einen treffenden Namensvorschlag
für dieses ungewöhnliche Bündnis hat, melde sich bitte bei der ALK.
Weitere Personalien der ALK
Im Magistrat wird die ALK weiterhin von Gabriela Terhorst, Hennes Leppin und Sabine Mauerwerk vertreten. In
den Verkehrsverband Hochtaunus schickt das Stadtparlament Andreas Colloseus (wie bisher) und als Vertreter
Dr. Michael Hesse. Im Aufsichtsrat des Krankenhauses wird Manfred Colloseus sitzen, der von Thomas Goepel
vertreten wird. Vertreter der Stadt Königstein im Kommunalen Gebietsrechenzentrum wird der ehrenamtliche
IT-Dezernent des Königsteiner Magistrats, Hennes Leppin sein. Der ALK-Stadtrat wurde sogar einstimmig gewählt.
Im Wasserbeschaffungsverband Taunus ist Günther Ostermann, der von Robert Rohr vertreten wird. Im Abwasserverband
Kronberg sitzt wie bisher Hannelore Brill, deren Vertreter Günther Ostermann heißt.
ALK Mandatsträger
Brill und Fischer leiten weiterhin Ausschüsse
Die ALK-Stadtverordnete Hanne Brill wird auch in den kommenden Jahren den Bau- und Umweltausschuss leiten.
Sie wurde einstimmig gewählt. Ihre Stellvertreter sind Thomas Villmer (SPD) und Ascan Iredi (FDP). Ebenfalls
einstimmig wurde Thomas Boller (CDU) als Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses wiedergewählt. Seine
Stellvertreter sind Klaus-Michael Otto (FDP) und Dr. Michael Hesse (ALK). Auch die Vorsitzende des Kultur-,
Jugend- und Sozialausschusses, Sabine Fischer (ALK), wurde in ihrem Amt bestätigt. Zu ihren Stellvertreterinnen
wählte der Ausschuss Birgit Becker (FDP) und Inken Schmidt (SPD).
In allen drei Ausschüssen ist die ALK mit je vier Stadtverordneten vertreten, während auf die CDU drei, FDP
zwei sowie auf SPD und Grüne jeweils ein Mandatsträger entfallen. Die Verteilung der Mandate in den Aufsichtsräten
von Kur GmbH, Grundstücks GmbH und HdB GmbH sowie bei den Stadtwerken ist ebenso, allerdings mit dem großen Unterschied,
dass die CDU die Zahl ihrer Vertreter in diesen Gremien auf jeweils fünf erhöht, da Bürgermeister und 1. Stadtrat
(beide CDU) diesen kraft Amtes angehören.
Neue Vorsitzende des Ortsbeirats Schneidhain wurde die ALK-Vertreterin Nicole Höltermann. In geheimer Wahl
setzte sie sich mit 5:4 Stimmen gegen den CDU-Vertreter Dr. Michael Pfeil durch. ALK und CDU haben im Ortsbeirat
jeweils 3 Sitze, die ALK hat aber deutlich mehr Prozente bei der Wahl erhalten. Die ALK hatte der CDU den
Stellvertreterposten sowie einen Amtswechsel nach der halben Wahlperiode angeboten, worauf diese aber nicht einging.
Nach der Niederlage bei der Wahl zum Ortsvorsteher kandidierte die CDU nicht für den Stellvertreterposten. Neuer
Stellvertreter ist Uwe Lampe (Grüne), der mit 5:4 Stimmen gewählt wurde.
In Falkenstein und Mammolshain wurden die der CDU angehörenden Ortsvorsteher Liselotte Majer-Leonhard und
Hans-Dieter Hartwich auch mit den Stimmen der ALK einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Als deutlich zweitstärkste
Fraktion kandidierten die ALK-Vertreterinnen Kerstin Uhe und Silvia Gutbier jeweils für die Stellvertreterpositionen,
sie unterlagen aber in Kampfabstimmungen Vertretern von FDP, bzw. SPD, wie das offensichtlich von der
Vier-Parteien-Koalition abgesprochen war. (18.4.2016) · (12.5.2016)