Wahlplakate ohne Stress? - CDU will freies Plakatieren verbieten

Es klingt wie ein äußerst verlockendes Angebot: Nie mehr in der Nacht bei Kälte, Glatteis oder Regen losziehen, kein Wettlauf mehr um die besten Plätze, kein banges Herzklopfen mehr, weil man eine Stunde vor der erlaubten Zeit aufgebrochen ist – und dann auf die Plakatkolonnen der Konkurrenz trifft, die sich noch früher zum Kampf um die wählerwirksamsten Masten und Bäume aufgemacht haben, keine kalten Finger mehr beim Montieren der Plakate, kein Grummeln mehr „Warum tust du dir das an, das könnten doch auch gefälligst andere übernehmen“.

Das Stadtbild verträgt es gut, wenn es alle fünf oder sechs Jahre vorübergehend durch Wahlplakate mitgeprägt wird. Viele Plakate sind auch Ausdruck einer lebendigen Demokratie

Dies alles könnte ein Ende haben, wenn sich die Königsteiner CDU mit ihrem aktuellen Antrag durchsetzt, das freie Plakatieren im gesamten Stadtgebiet zu verbieten. Stattdessen soll die Stadt nach dem CDU-Willen mobile Plakatwände beschaffen, diese rechtzeitig vor Wahlen an zentralen Plätzen aufbauen und nach überstandener Wahl auch wieder abbauen. Als Anlass benennt die CDU die jüngste Bürgermeisterwahl, bei der das Stadtbild nach ihrer Meinung „sehr gelitten“ habe.

Diese Auffassung teilt die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein nicht. Weder habe das Stadtbild gelitten noch sei es sinnvoll, die Wahlwerbung auf einige gemeinsame Allparteien-Plakatwände zu beschränken, so der ALK-Vorsitzende Robert Rohr.

Plakate sind auch Ausdruck einer lebendigen Demokratie

Das Stadtbild vertrage es gut, wenn es alle fünf oder sechs Jahre vorübergehend für sechs Wochen durch Wahlplakate mitgeprägt werde. Zumindest die ästhetischen Plakate der ALK seien eher eine optische Aufhellung des Stadtbildes, so die unabhängige Wählergemeinschaft. Viele Plakate seien auch ein Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Es sei außerdem die Frage, ob tatsächlich auch der Bereich der Wahlwerbung von der Stadt noch stärker reglementiert werden müsse.

Als ein Argument für ihren Vorstoß nennt die CDU durch Vandalismus zerstörte Plakate, an deren Anblick sich angeblich viele Bürger stören. So bedauerlich zerstörte Plakate seien, so liege es natürlich auch an den Wahlkämpfern selbst, ihre Plakatstandorte im Auge zu behalten, so die ALK. Nicht nur im jüngsten Wahlkampf hätten Unbekannte zahlreiche ALK-Plakate zerstört oder verunstaltet. Das sei aber nicht so in der Öffentlichkeit aufgefallen, da die ALK diese umgehend ausgetauscht habe. Die ALK habe genügend einsatzbereite Mitstreiter. Zudem seien viele Hinweise aus der Bevölkerung gekommen, wo ALK-Plakate zerrissen oder beschmiert wurden.

Nach Überzeugung der größten Fraktion des Königsteiner Stadtparlaments tragen die vielen Plakate im Stadtbild auch dazu bei, die Bürger auf eine anstehende Wahl hinzuweisen. Durch die von Plakaten verstärkt geweckte Aufmerksamkeit der Bürger steige auch die Wahlbeteiligung, erklärte der ALK-Vorsitzende.

Beschränkung würde vor allem lokale Wählergemeinschaften treffen

Plakate seien insbesondere bei Kommunal- und Bürgermeisterwahlen wichtig, da Funk und Fernsehen nicht auf den anstehenden Wahlgang hinweisen. Bei Bundes- und Landtagswahlen sei dies anders, da wimmele es in der überregionalen Berichterstattung von Hinweisen. Die von der CDU angestrebte Beschränkung von Wahlplakaten würde vor allem lokale Wählergemeinschaften treffen und einschränken.

Dem CDU-Antrag sei nicht zu entnehmen, an wie vielen Stellen in Königstein solche Plakatwände aufgebaut werden sollen und wo. Doch nicht etwa in den Anlagen, hofft die ALK. Breite Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen wie beim Frankfurter Alleenring gebe es jedenfalls in Königstein nicht.

Bislang waren für jede Gruppierung 70 Plakate erlaubt. Die ALK sei als nur lokale Wählergemeinschaft auf die Wählerwerbung vor Ort angewiesen. Schließlich verließen rund tausend Einwohner jährlich die Stadt und ebenso viele neue Bürger zögen in die 17.000 Einwohner-Kommune. Ohne Plakate dauere es einige Zeit, bis alle Neubürger wahrgenommen hätten, dass es in Königstein nicht nur CDU, FDP, SPD und Grüne, sondern auch die lokale Wählergemeinschaft ALK gebe.

Da sämtliche kandidierenden Parteien und Wählergruppen auf den angedachten Plakatwänden Flächen entsprechend ihrer Größe haben müssten, sei schwer vorstellbar, wie groß diese Plakatwände sein müssten, um allen antretenden Gruppierungen den angemessenen Platz zur Verfügung zu stellen. Bei der jüngsten Kommunalwahl mit Kreistag und Stadtparlament seien insgesamt 13 Gruppierungen angetreten. Es sei nicht auszuschließen, dass bei der nächsten Wahl nicht nur in Königstein weitere Kandidatenlisten hinzukämen. Durch die vorgesehene Regelung würden zudem neue Listen, kleinere Parteien und unabhängige Bürgermeisterkandidaten benachteiligt.

Hier noch ein interessanter Link zum Verbot der Aufstellung von Wahlplakaten: www.bundestag.de

(14.3.2018)


Nachtrag vom 22.3.2018:

CDU hat ihren Antrag zurückgezogen

Die CDU hat ihren Antrag zur Einschränkung der Wahlplakatierung zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung kurzfristig zurückgezogen.

Entweder, um einer Niederlage gegen ALK und FDP zu entgehen, die in der vorbereitenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses mit ihrer Mehrheit diesen Antrag abgelehnt hatten.

Vielleicht hat die CDU aber auch den Antrag in der Hoffnung zurückgezogen, nach einer Überarbeitung des Textes den Bündnispartner FDP wieder auf ihre Seite ziehen zu können. Denn die CDU-Presserklärung in der heutigen Königsteiner Woche lässt nicht erkennen, dass die CDU nur einen Zentimeter von ihrer Position abgerückt wäre.

Es liegt auch an den Wahlkämpfern selbst,
ihre Plakatstandorte im Auge zu behalten


Gewerbliche Werbeplakate und Werbeplakate für Veranstaltungen will die CDU nicht verbieten


So stellt sich die CDU
stadtbildverträgliche Plakatwände vor
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