Zu ungewohnter Stunde begann der jüngste wALK & tALK der Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein am Samstag, den 4. September
kurz vor Einbruch der Dämmerung. Der wolkenlose Spätsommerabend war ideal, um das Thema Lichtverschmutzung zu veranschaulichen.
Geführt wurde die Veranstaltung von Dr. Dr. Mark Scheibe, der über das Thema promoviert hat.
Lampen in der Konrad-Adenauer-Anlage
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Fachmännisch erläuterte Dr. Dr. Scheibe die negativen Auswirkungen von künstlicher Beleuchtung auf die menschliche Gesundheit,
den Nachthimmel, und damit die eingeschränkten Möglichkeiten, den Sternenhimmel zu genießen und natürlich auch auf nachtaktive
Tiere und Insekten.
Entlang der Fußgängerzone bis zum Alten Rathaus wurden Erkenntnisse zum Verhalten von Insekten in verschiedenen Lichtsituationen,
und Vorschläge, wie eine bessere Beleuchtung die Lichtverschmutzung deutlich vermindern kann, vorgestellt.
Beim Einstieg in das komplexe Thema erstaunte Scheibe die Teilnehmer, indem er einen Topf mit Sonnentau, einer pflanzlichen
Insektenfalle, präsentierte. Diese Pflanze sei im Taunus fast ausgestorben, weil ihre natürlichen Lebensgrundlagen und damit auch
die Insekten als Nahrung wegfielen. Das massenhafte Insektensterben durch die zunehmende Bebauung und Beleuchtung schade aber allen
Pflanzen und damit nicht zuletzt dem Menschen.
Lampen ziehen Insekten aus bis zu einem Kilometer an
Die unzähligen Lampen, die Straßen und Parks in helles Licht tauchen, stellen laut Scheibe ein großes Problem dar. Eine Kombination
aus Lichtfarbe und Leuchtintensität ziehe Insekten aus einer bis zu einem Kilometer großen Entfernung an.
Kritisch sei vor allem die Dämmerungszeit. Einmal vom Lichtkegel in Bann gezogen, flögen die Insekten in zuckenden Spiralen bis
zur totalen Erschöpfung um die Lampen herum und könnten ihr eigentliches Ziel, sich fortzupflanzen, nicht erreichen.
Andererseits sei Licht jedoch wichtig für die menschliche Sicherheit. Wie könne ein gesundes Mittelmaß gefunden werden? Dicht
beieinanderstehende Laternen, wie sie am Kapuzinerplatz zu finden sind, seien ebenso wenig zweckmäßig, wie Straßenlampen, die
seitlich oder nach oben strahlten.
Für das Sicherheitsgefühl genügt die Leuchtstärke des Vollmonds
An sich solle eine Laterne einen Weg oder eine Straße so weit ausleuchten, dass ein Sicherheitsgefühl entstehe und man ohne
Stolpergefahr laufen könne. Hierfür reiche es, wenn das Licht nur nach unten abstrahlt. Durch die Lichtreflexion und Streuung
am Boden werde ausreichend und gleichmäßig hell beleuchtet. Auch ein heller Bodenbelag sei hilfreich. Prinzipiell genüge in
Fußgängerzonen beispielsweise eine Leuchtstärke von der Kraft des Vollmondes.
So schön die Lampen oft in touristischen Zentren seien, so sehr führten sie zu Blendeffekten, lockten Insekten aus größeren
Entfernungen an und leuchteten ineffektiv aus, was letztlich auch zu einer Energieverschwendung führe.
In seiner mehrjährigen Arbeit, die er am Dattenbach in Eppstein durchführte, konnte Scheibe deutlich machen, dass allein eine
einzige Straßenleuchte ausreiche, um den Insektenschlupf aus bis zu 200 Meter Bachlauf anzulocken. Die Lichtfarbe, ob gelb oder
weiß, sei dabei zweitrangig.
ALK will aus den kenntnisreichen Erläuterungen Maßnahmen ableiten
Zum Abschluss des wALK & tALK wurde erörtert, welche Möglichkeiten bestünden, die öffentliche Beleuchtung insektenfreundlicher
und energieeffizienter zu gestalten. Ob mit Hilfe technischer Innovationen, durch Änderung der Leuchtintensität oder bedarfsabhängige
Ein- und Abschaltung von Lampen: Die kenntnisreichen Erläuterungen von Dr. Dr. Scheibe werde die ALK aufnehmen und in ihrem Engagement
für Königstein zum Wohle der Insektenvielfalt Maßnahmen vorschlagen.
(14.9.2021)