Am Samstag, 22.9. besuchte die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) im Rahmen der Reihe
„wALK und tALK in den Ortsteilen Königsteins“
als letzten Ortsteil das Kastaniendorf Mammolshain. Der historische Rundgang wurde geleitet von dem ehemaligen
Ortsvorsteher Bernd Hartmann. Die ALK-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak begrüßte die etwa 30 Teilnehmer,
darunter Gäste aus Bad Camberg, Glashütten und allen Stadtteilen Königsteins.
Bernd Hartmann, als profunder Kenner und langjähriger Bewohner Mammolshains wusste Geschichtsträchtiges
zum Besten zu geben, gewürzt mit der einen oder anderen Anekdote
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Herr Hartmann kann über 40 Jahre Tätigkeit im Ortsbeirat zurückblicken, davon 26 Jahre als Ortsvorsteher.
Er erwähnte, dass auch die Mammolshainer Bürger zunächst nicht begeistert waren, als ihr eigenständiger Ort
1972 eingemeindet und der Stadt Königstein zugewiesen wurde, denn die Verbindungen zu Kronberg und Bad Soden
waren traditionell enger. Aber: „Sie haben sich daran gewöhnt.“
Auf den Spuren der Historie des Kastaniendorfes
Die Gruppe setzte sich vom Treffpunkt am Kronberger Eck in Bewegung, um den Vorderort, den alten Ortskern,
aufzusuchen. Herr Hartmann, als profunder Kenner und langjähriger Bewohner des Ortes wusste Geschichtsträchtiges
zum Besten zu geben, gewürzt mit der einen oder anderen Anekdote. So Einiges dürfte für die neugierigen und
wissensdurstigen Besucher überraschend gewesen sein:
Um das Jahr 1190 wurde Wein angebaut, vermutlich von den Römern initiiert.
Von 1928 bis 1980 gab es eine Heilanstalt für lungenkranke Kinder in der ehemaligen Villa May.
In Mammolshain gab es acht Steinbrüche
In Mammolshain gab es in früheren Zeiten acht Steinbrüche, in denen der Serizitgneis, genannt Taunusschiefer,
abgebaut wurde. Die Steinbrüche waren im Gemeindeeigentum und wurden an Betreiber verpachtet. Die nach dem
Zweiten Weltkrieg von Mammolshainer Bürgern errichtete Katholische Kirche ist mit diesem Stein verkleidet, die
alte Schule in der Vorderstraße wurde komplett daraus erbaut.
Kaiserin Victoria unternahm gerne Ausflüge nach Mammolshain
Die Durchgangstraße (L3327) als Verbindung nach Kronberg wurde erst 1890 auf Veranlassung von Kaiserin Victoria
gebaut. Sie war die Mutter von Kaiser Wilhelm II, die als Witwensitz Kronberg gewählt hatte (das heutige Schlosshotel).
Sie unternahm gerne Ausflüge nach Mammolshain.
Davor führte der wichtigste Weg nach Mammolshain von Schwalbach aus zum Ort, der „Königsteiner Pfad“. 1889
wurden als Wegbezeichnungen erwähnt: Vordergasse, Untergasse, Borngasse. Zu dieser Zeit wurde im Kronthal auch
eine Ziegelhütte betrieben, heute ein italienisches Restaurant.
Die Versorgung des bis 1972 eigenständigen Ortes war gesichert durch drei Gaststätten, sowie mehrere kleine
Lebensmittelgeschäfte, eine Kolonialwarenhandlung und eine seit 1793 bestehende Bäckerei. Heute existiert keine
der Gaststätten oder Geschäfte mehr.
Erstes Dorfgemeinschaftshaus im damaligen Obertaunuskreis
Das Dorfgemeinschaftshaus, 1956 als erstes Dorfgemeinschaftshaus im damaligen Obertaunuskreis von Bürgern erbaut,
wurde auch als Rathaus, Wäscherei und Badehaus genutzt – bis es 2010 im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms renoviert
und energetisch saniert wurde. Heute beherbergt es Räumlichkeiten für öffentliche und private Veranstaltungen, das
Ortsgericht und das Heimatmuseum, in dem die Geschichte des Ortes mit Fotografien und Kunsthandwerk dokumentiert wird –
und nicht zuletzt die Dorfschänke.
1738 erbaute kleine Kapelle in die neue Kirche integriert
An die 1738 erbaute kleine Kapelle an der Oberstraße wurde die 1948 fertig gestellte katholische Kirche St. Michael
angebaut, wobei die Kapelle in die neue Kirche integriert wurde. Die Maurer kamen teilweise aus dem Ort, der jüngste
war 69, der älteste 77 Jahre alt.
Gegenüber der Kirche findet sich ein beeindruckender Gedenkstein aus Taunusschiefer mit Quarziteinschlüssen, der
an die 800-Jahr-Feier erinnert, die Mammolshain 1991 begehen konnte.
Ortskern bestand überwiegend aus bäuerlichen Anwesen
Der alte Ortskern bestand überwiegend aus bäuerlichen Anwesen. In früheren Zeiten mussten die Kinder auf den
Bauernhöfen mithelfen, weshalb die Schule nur im Winter betrieben wurde.
In der Borngasse gab es einen Dorfbrunnen und eine Viehtränke. Die Quelle für das Trinkwasser des Dorfbrunnens
befand sich am Kirchberg und führt heute kein Wasser mehr. Die Viehtränke gab dem Badbach seinen Namen, da das Vieh
in der Tränke auch badete.
In der ehemaligen Dorfmitte befand sich auch das erste „Dorfgemeinschaftshaus“, das neben der Verwaltung des Ortes
auch die Schule und weitere soziale Einrichtungen beherbergte. In unmittelbarer Nähe stand das Spritzenhäuschen mit
dem Dorfgefängnis (Dalles).
Schule an der Vorderstraße wurde ursprünglich 1843 erbaut
Die heutige Schule an der Vorderstraße wurde ursprünglich 1843 erbaut und diente etwa 40 bis 50 Kinder vom ersten
bis zum achten Schuljahr als Unterrichtsgebäude. Bei einem Umbau vor circa zehn Jahren wurde die durch einen Anbau und
zusätzliche Pavillons erweiterte Schule grundlegend erneuert und durch einen Neubau ersetzt. Das alte Schulgebäude
dient heute als Betreuungseinrichtung. Die Grundschule nimmt cirka 70 Schüler in vier Schulklassen auf.
Die Schule war die letzte Station dieses überaus interessanten Rundganges, in dem die Veränderung eines Ortes im
Laufe seiner Geschichte sichtbar und erfahrbar wurde.
Heimatmuseum im Dorfgemeinschaftshaus
Herr Hartmann lud als Vorsitzender des Heimatvereins die Teilnehmer zum Abschluss des wALK & tALKs zu Kaffee und
Kuchen sowie einem Besuch „seines“ Heimatmuseums ins Dorfgemeinschaftshaus ein. Die Einladung wurde von den Teilnehmern
dankend angenommen.
Die vielen Gespräche während des wALKs machen deutlich, wie wichtig der Austausch von Erfahrungen auch für die
politische Arbeit sei, resümiert Majchrzak. Sie bedankte sich sehr herzlich bei Herrn Hartmann für den äußerst
unterhaltsamen und erkenntnisreichen Ausflug in die Historie von Mammolshain.
Fortsetzung in Aussicht gestellt
Eine Fortsetzung zu weiteren historisch interessanten Plätzen in Mammolshain sei von Herrn Hartmann für das nächste
Jahr bereits in Aussicht gestellt worden, so Majchrzak.
(1.10.2018)