Haushaltsrede der ALK-Fraktionsvorsitzenden Hedwig Schlachter
Die finanzielle Lage insgesamt in Europa stellt sich dieser Tage nicht gerade positiv dar. Irgendwie haben alle wohl in
den letzten Jahren mehr Geld ausgegeben, als sie erwirtschaftet haben. Die Länder suchen verzweifelt nach Auswegen und
versuchen, die Löcher mit neuen Schuldverschreibungen zu stopfen. Man scheint auf bessere Zeiten zu warten, um die Schulden
irgendwann einmal tilgen zu können, oder auch nie, wie Herr Krönke kürzlich in einem Interview mit der TZ meinte.
Die Stadt Königstein hat leider nicht die Möglichkeit, an ihre Bürger Schuldscheine auszugeben, um so die vielfältigen
notwendigen oder auch weniger notwendigen Wünsche zu erfüllen. Der Stadt bleibt nur die Möglichkeit, neue Kredite
aufzunehmen, und das tun wir notgedrungen.
In diesem Jahr ist das Defizit auf ca. € 5 Mio. angewachsen, und eine Verbesserung ist nicht in Sicht.
Die vielbeschworene Gemeindefinanzreform scheint jedenfalls auf absehbare Zeit nicht zu kommen, und bei der klassischen
Finanzierungsmöglichkeit der Gemeinden, bei der Gewerbsteuer, war Königstein schon immer schlecht aufgestellt.
Dies hat aber wie so Vieles im Leben zwei Seiten:
Wir haben zwar keine großen Gewerbesteuereinnahmen. Dafür haben wir aber eine bevorzugte Wohnlage. Wohnen ohne eine
direkte industrielle Nachbarschaft ist eben viel angenehmer und schöner als neben Gewerbesteuer bringenden Unternehmen.
Daher wohnen in Königstein auch viele Mitbürger mit überdurchschnittlich hohen Einkommen, die auch überdurchschnittlich
viel Einkommensteuer zahlen. Wenn ich richtig informiert bin, entspricht das Aufkommen an Einkommensteuer in Königstein dem
der gesamten Stadt Offenbach.
Nur verbleibt von diesem hohen Steueraufkommen nach dem geltenden Verteilungsschlüssel nur ein unverhältnismäßig
geringer Teil in Königstein selbst. Der Rest wird an die anderen Gemeinden verteilt, unter anderem auch an Eschborn,
welches in Gewerbsteuer nahezu ertrinkt, hiervon aber nichts an Königstein abgeben muss.
Diese Ungleichbehandlung in der Verteilung der Einkommen- und Gewerbsteuer wird jetzt hoffentlich einmal zum Thema bei
der Klage die einige Gemeinden, darunter auch Königstein, gegen weitere Abgaben eingereicht haben.
Jedoch hilft uns diese vage Chance noch nicht bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2011.
Hier sehen wir durchaus das heftige Bemühen des Bürgermeisters und der Verwaltung, mit den knappen Mitteln bewusst und
sparsam umzugehen.
An dieser Stelle möchte ich insbesondere der Leiterin der Kämmerei, Frau Bettina Brüske und Frau Becker ganz besonders
für die erneut verbesserte Aufbereitung des doppischen Haushalts danken. Das ist keine allgemeine Politikerfloskel, sondern
ein wirklich ernst gemeintes Lob. Man hat bei den Beratungen deutlich gemerkt, wie engagiert und kenntnisreich, sie sich
dieser schwierigen Aufgabe gewidmet haben. Das fällt umso mehr auf, als wir alle mit der Umstellung auf die Doppik
Schwierigkeiten hatten, und wir nun von Jahr zu Jahr eine deutliche Verbesserung der Übersichtlichkeit wahrnehmen. Ich denke,
viele Nachbargemeinden werden uns um dieses „Kompetenzteam“ beneiden.
Wir haben schon öffentlich kundgetan, dass wir in diesem Jahr dem Haushalt zustimmen werden. Der Plan enthält keine
Projekte, die die ALK nicht mittragen kann.
Zunächst einmal freuen wir uns, dass trotz knapper Kassen nicht – oder soll ich sagen – noch nicht – an der
Gebührenschraube gedreht wurde. Grund- und Gewerbsteuer bleiben auf demselben Niveau. Auch die Gebühren für Kindergärten und
Kinderbetreuung werden nicht erhöht.
Ein dicker Brocken in dem Haushalt ist das Feuerwehrgerätehaus in Falkenstein. Der Ortsbeirat hat sich einstimmig dafür
ausgesprochen, den Neubau auf dem bisherigen Standort zu errichten und nicht vor dem Bürgerhaus. Diesem Votum schließen wir
uns an, auch wenn es Stimmen gibt, die in Zeiten knapper Kassen, die kleinen Ortsteilfeuerwehren zentralisieren möchten.
Hierdurch ließen sich in der Tat u.U. Einsparungen erzielen. Es litte aber auch die Sicherheit der Bürger, und freiwillige
Feuerwehren haben nun einmal eine lange Tradition in Deutschland.
Die Anträge, die die ALK zum Haushalt gestellt hat, sind - fast hätte ich gesagt - in alter Tradition zum großen Teil im
HFA abgelehnt worden.
Einige hiervon sind uns jedoch sehr wichtig. Wir stellen sie daher nochmals zur Abstimmung.
Dies gilt für die Streichung der € 4.000 die wir bei der Position „Gästebewirtung“ beantragt hatten. Dahinter verbirgt
sich ein geplantes Essen, an dem nach dem Ende der Legislaturperiode alle alten und neuen Stadtverordneten und
Magistratsmitglieder sowie Mitarbeiter der Verwaltung mit ihren jeweiligen Partner teilnehmen sollen. Es war die Rede von
etwa 250 Teilnehmern. Dies scheint angesichts der prekären Haushaltslage doch ein wenig übertrieben. Wir waren ja schon im
letzten Jahr mit unserem Antrag gescheitert, die Entschädigungen der Stadtverordneten nicht zu erhöhen. Umso mehr macht
jetzt der Antrag Sinn, die Position „Gästebewirtung“ zu kürzen und stattdessen eine finanzielle Beteiligung der Teilnehmer
zu fordern. Eine solche Selbstbeteiligung gab es auch schon bei dem letzten parlamentarischen Abend, den die Stadt
veranstaltet hat.
Dann hatten wir Sperrvermerke beim Ausbau der Straßen Georg-Pingler-Straße/Innenstadt und Hauptstraße/Frankfurter Straße
beantragt.
Es ist selbstverständlich sinnvoll, eine notwendige Erneuerung einer Straße dann vorzunehmen, wenn der Kanal ohnehin neu
gemacht werden muss, um ein mehrmaliges Aufbuddeln zu verhindern.
Wir haben jedoch bei einigen Projekten in der jüngsten Vergangenheit gesehen, dass mit der „Erneuerung der Straße“
durchaus auch massive Veränderungen des Stadtbildes einhergehen können, bei denen das Parlament ein Mitsprachrecht haben
sollte.
Ich erinnere hier an die Maßnahmen Rombergweg, Adelheidstraße Und Pater-Werenfried-Platz. Hier war die Information über das
Ausmaß der geplanten Veränderungen mangelhaft, an eine Beteiligung des Parlaments war gar nicht gedacht worden.
Wir wollen verhindern, dass sich ein derartiges Procedere in Zukunft wiederholt. Hier ist der Sperrvermerk ein probates
Mittel. Er verhindert nicht, dass die Maßnahme durchgeführt wird, er verpflichtet jedoch die Verwaltung die Freigabe der
Gelder zu beantragen und somit über deren geplante Verwendung im Vorfeld zu informieren. Gerade die Maßnahmen in der
Georg-Pingler-Straße und in der Hauptstraße sind besonders sensibel. Es geht hierbei um die Neugestaltung der Stadtmitte.
Hier sollte sich das Parlament in jedem Fall sein Mitspracherecht vorbehalten.
Viele von Ihnen haben am Dienstag die höchst informativen Vorträge des Denkmal- und des Heimatkundevereins sowie von
Kolping zur Geschichte des Kapuzinerklosters auf dem jetzigen Stadtplatz gehört. Danach sollten wir die Planungen dieses
Teils des Stadtplatzes noch einmal überdenken und zunächst die Ergebnisse der Ausgrabungen abwarten. Dies wird die Arbeiten
zwar verzögern. Angesichts dessen, was wir an neuen Erkenntnissen aus diesen Ausgrabungen aber gewinnen können, scheint es
mir sinnvoll, hier eine zeitliche Verzögerung in Kauf zu nehmen. Da das Kloster wohl direkt an die jetzige Georg-Pingler-
und Hauptstraße grenzte, wird deren Erneuerung durch das Ergebnis der Ausgrabungen in jedem Fall betroffen. Hier sollte das
Parlament unbedingt in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Wir bitten Sie daher, Ihre Haltung zu den Sperrvermerken
unter diesen Gesichtspunkten noch einmal zu überdenken.
An dieser Stelle werden wir beantragen, den Antrag der FDP, der im HFA angenommen worden ist, die Planungskosten für die
Toilette und die Stadtinformation auf € 50.000,00 zu erhöhen, wieder aus dem Haushalt herauszunehmen. Hintergrund ist, dass
die FDP in einem Artikel in der letzten KöWo kundgetan hat, sie wolle Toilette und Stadtinformation in die KAA verlegen. Die
ALK lehnt jegliche Bebauung der KAA ab.
Eine weitere wichtige Straße, für deren Erneuerung wir einen Sperrvermerk beantragt hatten, ist die Stresemannstraße. Für
mich ist sie trotz erheblichen Verkehrs eine der schönsten Straßen in Königstein. Die ehemaligen Wohnhäuser von
französischen Militärs mit den langen Buchenhecken davor und der Allee aus Rotdornen ist insbesondere im Frühjahr ein
wunderschöner Anblick. Wenn dann noch die riesigen roten Kastanien blühen, wird das Bild vervollkommnet. Es wäre äußerst
schade und traurig, wenn diese Straße dasselbe Schicksal erlitte, wie seinerzeit die Adelheidstraße, bei der alle Rotdorne
der Erneuerung zum Opfer gefallen sind. Anlässlich der damals nicht kommunizierten Entfernung der Rotdorne wurde ein
Beschluss gefasst, wonach das Parlament oder der Bauausschuss in Zukunft bei derartigen Planungen beteiligt werden soll.
Allerdings sind auch nicht alle einmal gefassten Beschlüsse immer allen Beteiligten präsent, so dass ein Sperrvermerk
durchaus angezeigt ist.
Wir freuen uns jedoch, dass auch einige unserer Anträge angenommen wurden. Das gilt insbesondere für die Geltendmachung
der Forderung der Erstattung der Planungskosten für die B 8. Die Stadt Königstein hatte seinerzeit für das
Planungsverfahren insgesamt € 690.000 aufgewendet. Nach einer Vereinbarung zwischen dem Land Hessen und den Städten
Königstein und Kelkheim aus dem Jahre 2000 verpflichtete sich das Land Hessen, die von den Städten vorfinanzierten
Planungskosten bis zu einer Höhe von DM 2 Mio. zu erstatten und zwar
- 50 % nach Bestandskraft des Planfeststellungsbschlusses
- 50 % nach Abschluss der Baumaßnahme
Nun hat aber der Regierungspräsident das Raumordnungsverfahren beendet, weil die raumbedeutsamen Auswirkungen der
geplanten Ortsumgehung nicht mit den Erfordernissen der Raumordnung in Einklang gebracht werden konnten.
Die ALK war über dieses Ergebnis sehr erfreut, da es bestätigte, was wir seit 30 Jahren gesagt haben, nämlich dass die
geplante Straße nicht umweltverträglich ist.
Nun aber ist der Regierungspräsident selbst zu dieser Erkenntnis gelangt, und hat den planenden Städten somit die Chance
genommen, die Bestandkraft des Planfeststellungsbeschlusses herbeizuführen. Er hat das Verfahren beendet. Da die Städte mit
den Planungskosten aber auch nur in Vorlage getreten sind – die Planung von Bundesstraßen ist Ländersache – ist nach unserer
Auffassung der Erstattungsfall gegeben.
Wir hatten zunächst beantragt, die gesamten verauslagten € 690.000 in den Haushalt einzustellen. Das ist aber aus
buchungstechnischen Gründen nicht möglich, da zunächst die Forderung gegen das Land geltend gemacht werden muss. Wir haben
daher € 10.000 an Beratungskosten für die Geltendmachung der Forderung eingestellt.
Wir freuen uns ebenso, dass die Lizenz für die Übertragung der Bundesligaspiele im Jugendhaus beschlossen wurde, und dass
unser Antrag auf Nachpflanzung von gefällten Bäumen eine Mehrheit gefunden hat. Auch dem lag zwar ein entsprechender
Beschluss des Parlaments aus dem Jahre 2003 zugrunde. Aber dieser war wohl ein wenig in Vergessenheit geraten.
Die Rede blieb ungehalten in der Sitzung des Stadtparlaments am 16. Dezember 2010.
Wegen der winterlichen Straßenverhältnisse und wegen vieler blockierender Wagen schaffte sie es nicht in Königsteins
höchstgelegenen Stadtteil Falkenstein.
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