Eine Befragung der Königsteiner zur Zukunft des Kurbads am Tag der nächsten Kommunalwahl haben die vier
im Königsteiner Stadtparlament vertretenen Parteien abgelehnt. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses
am vergangenen Donnerstag hatten CDU, FDP, SPD und Grüne einhellig gegen den Vorschlag der ALK
gestimmt, die Bürger von städtischer Seite offiziell nach ihrer Meinung zu befragen.
"Ich finde es schade und bin enttäuscht, dass der Antrag von allen Parteien abgelehnt wurde", erklärte die
ALK-Fraktionsvorsitzende Dr. Hedwig Schlachter. Gerade im Zusammenhang mit der Kommunalwahl hätte sich eine
kostengünstige Gelegenheit geboten, ein wirklich verlässliches Meinungsbild der Königsteiner Bürger zu bekommen.
Wenn die Bürgerbefragung zusammen mit einer Wahl durchgeführt wird, wäre sichergestellt, dass tatsächlich nur jeder,
der in Königstein wahlberechtigt ist, seine Stimme abgibt. Dies sei bei Unterschriftenaktionen oder anonymen
Umfragen nicht gewährleistet. Hier könne nicht kontrolliert werden, wer teilnimmt und ob nicht eine Person mehrmals
abstimmt. Diese Ungenauigkeit wäre ausgeschaltet, falls die Befragung parallel zu einer Wahl erfolgt und die Stimmabgabe
entsprechend sorgfältig von Wahlvorständen geprüft werde.
Handlungsfähigkeit der Stadtverordneten würde nicht eingeschränkt
Nicht nachvollziehen könne die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) die von den vier Parteien
vorgebrachten Ablehnungsgründe. So habe die FDP der ALK vorgeworfen, mit der Befragung die Handlungsfähigkeit
der Stadtverordnetenversammlung einzuschränken. Inwieweit eine Bürgerbefragung am 6. März 2016 das Königsteiner
Parlament bis zu diesem Termin lahmlegen würde, sei nicht verständlich, sagte Schlachter. Nachdem das Stadtparlament
sich seit gut acht Jahren mit der Zukunft des Kurbads beschäftige und sich lediglich im Grundsatz dazu durchgerungen
habe, das Bad zu sanieren und weiter als öffentliches Bad betreiben, stehe immer noch der entscheidende Beschluss über
die Finanzierung der mindestens erforderlichen neun Millionen Euro aus. Diese müssten wegen der schlechten Finanzlage
der Stadt nach Weisung der Aufsichtsbehörde durch Verkäufe von städtischen Grundstücken oder aber durch höhere Steuern
aufgebracht werden. Doch eine entsprechende Liste mit verkaufbaren Grundstücken habe der Bürgermeister bereits zweimal
wieder zurückgezogen. "Mich würde es überraschen, wenn die Mehrheit des Stadtparlaments sich vor dem 6. März 2016 darauf
einigen könnte, welche städtischen Grundstücke für die Sanierung des Kurbads verkauft werden sollen, ob mit oder ohne
Bürgerbefragung", so die ALK-Fraktionsvorsitzende. Die für den 22. Juni geplante Sitzung des Aufsichtsrates der Kur GmbH
sei jedenfalls gerade wegen fehlenden Handlungsbedarfs abgesagt worden.
FDP-Vertreter pocht auf Grundsatz der repräsentativen Demokratie
Zudem habe der FDP-Vertreter auf den Grundsatz der repräsentativen Demokratie gepocht, was bedeute, dass der Bürger
Parlamente wählt und diese dann in den folgenden Jahren alle anstehenden Fragen ohne Bürger entscheiden können. In einer
Kleinstadt wie Königstein sei es einfach, aber auch geboten, bei wichtigen Fragen die Bürger nach ihrer Meinung zu fragen,
schließlich seien diese die Auftraggeber der Kommunalpolitiker. Der Hinweis, dass die Bürger bei einer Kommunalwahl mit
ihrer Stimmabgabe auch über die Zukunft des Kurbades entscheiden könnten, ließ die ALK-Sprecherin nicht gelten. Schließlich
gehe es bei einer Wahl um eine Vielzahl unterschiedlicher Themen, aber auch um Sympathien für die zur Wahl stehenden Personen.
"Mehr Demokratie wagen"
Mit der Befragung bestehe die einmalige Chance, die Meinung der Bürger zu dem wichtigen Thema Kurbad in Erfahrung zu bringen,
ohne dass das Votum durch andere Themen überlagert werde. "Haben Sie keine Angst vor dem Bürgerwillen, seien Sie daran
interessiert, was ihre Mitbürger wirklich wollen", sagte Schlachter an die Adresse der vier Parteien. Mit dem Votum eines
großen Teils der Bevölkerung werde den gewählten Volksvertretern ein wichtiger und gewichtiger Fingerzeig gegeben. Wer meine,
die Demokratie werde durch Bürgerbefragungen untergraben, der müsse nur in die Schweiz blicken, die mehr Elemente direkter
Demokratie habe. Die Umsetzung der Willy-Brandt-Forderung "Mehr Demokratie wagen" stünde auch Königstein gut zu Gesicht.
Verhalten der CDU ist in dieser Frage widersprüchlich
Unverständlich sei für sie das Verhalten der CDU in dieser Frage, so Schlachter. Während deren Sprecher Bürgerbefragungen
grundsätzlich begrüßte, habe er den 6. März 2016 aber als viel zu spät bezeichnet, weil bis dahin längst eine Entscheidung
gefallen sein müsste. Als die ALK daraufhin eine Vorverlegung der Befragung vorschlug, lehnte er dies aber ebenfalls ab, da
zunächst konkrete Vorschläge gemacht werden müssten, wie die Renovierung zu bewerkstelligen wäre. Die ALK-Vertreterin meinte
dazu, es sei widersprüchlich, einerseits auf eine schnelle Entscheidung vor dem März 2016 zu pochen und andererseits
einzuräumen, dass deren Details noch ungeklärt seien.
Befragung durch die Stadt wäre überparteilich, objektiv und neutral
Die ALK-Sprecherin nannte vier Hauptargumente für eine Bürgerbefragung zum Kurbad: Zum einen sei es sinnvoll, die Meinung
der Bürger zu diesem wichtigen Thema zu erfahren. Außerdem wäre eine Befragung durch die Stadt überparteilich, objektiv und
neutral. Zum anderen garantiere der Termin der Kommunalwahl eine hohe Beteiligung und damit ein echtes Wählervotum. Schlachter
verwies in diesem Zusammenhang auf den an der geringen Wahlbeteiligung gescheiterten Bürgerentscheid in Frankfurt zur
Pferderennbahn.
"Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif"
Nicht unter den Tisch fallen solle das Kostenargument, auch wenn der frühere Königsteiner Bürgermeister Bertram Huke
gerne gesagt habe, "Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif". So koste die Kommunalwahl in Königstein laut dem Entwurf des
Haushaltsplans für 2016 rund 30.000 Euro. Hinzu addiert werden müssten noch die zahlreichen Arbeitsstunden von Mitarbeitern
der Stadtverwaltung. Werde die Bürgerbefragung parallel zur Kommunalwahl veranstaltet, so könnte die vorhandene Infrastruktur
und Organisation genutzt werden, es kämen hauptsächlich Druckkosten und die Kosten für Bekanntmachungen hinzu.
Bei einer eigenständigen Bürgerbefragung oder einem Bürgerentscheid entstünden viele Kosten gesondert, müssten unter anderem
zweimal Wahlbenachrichtigungen verschickt, zweimal Wahlhelfer gesucht, zweimal die Wahllokale eingerichtet werden. Nach den
finanziellen Maßstäben allein dürfe ein Bürgerentscheid selbstverständlich nicht beurteilt werden, wenn aber eine Wahl wie
die Kommunalwahl vor der Tür stehe, sei es eigentlich Geldverschwendung, den entsprechenden Apparat gleich zweimal in Gang
zu setzen. (23.6.2015)