wALK & tALK zu Großbaustellen und Sozialwohnungsbauflächen

Bei ihrem wALK & tALK am 26. November 2022 informierte die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein vor Ort über die Entwicklung der Großbaustellen Kindergarten am Hardtberg und Königsteiner Höfe auf dem ehemaligen Sportplatz der Bischof-Neumann-Schule. Eine Möglichkeit für sozialen Wohnungsbau in unmittelbarer Nähe wurde ebenfalls thematisiert.

Direkt vor dem Haus der Begegnung werden die sehr massiven "Königsteiner Höfe" gebaut

ALK-Stadtverordneter und Baufachmann Günther Ostermann berichtete den knapp 40 Teilnehmenden über die Entwicklung des Areals „Königsteiner Höfe“. Die Fläche sei 2009 an einen Königsteiner Autohändler verkauft worden, das an dieser Stelle sein neues Autohaus bauen wollte. Die Stadt verzichtete damals auf ihr Vorkaufsrecht. Das Autohaus sei nie gebaut worden, die 10.000 m² große Fläche sei als Lagerplatz genutzt worden, bis sie 2020 an einen Investor verkauft wurde. Beworben habe man das Projekt als modernes Quartier mit urbanem Wohnungsbau, so Ostermann. Auf rund 7000 m² sollen 75 Wohnungen entstehen, dazu gewerbliche Flächen, unter anderem auch ein Standort für den Königsteiner Bio-Supermarkt. In einer Tiefgarage mit 280 Plätzen sollen Parkmöglichkeiten für Mieter, Besucher des Supermarktes und des Ärztehauses entstehen.

"Königsteiner Höfe" werden sehr massiv und eng sein

Der Investor habe versprochen, das Quartier nach gültigen Energiestandards zu bebauen und viel Grün einzuplanen. Trotz allem werde die Bebauung sehr massiv und eng sein. Bis Ende 2025 solle das Bauvorhaben beendet sein. Die Kosten sollen sich auf rund 80 Millionen Euro belaufen. Der Baustellenverkehr erfolge über eine Baustraße, die unterhalb des Hauses der Begegnung errichtet wurde. Gerechnet werde allein mit mindestens 2575 Lkw-Ladungen, um den Aushub der Baugrube abzutransportieren. Der gesamte Baustellenverkehr werde über den Königsteiner Kreisel verlaufen und dort zu Mehrbelastungen führen.

ALK-Absichten für den Neubau von sozialem Wohnraum

Direkt im Anschluss, ein paar Schritte weiter, lenkte Stadtverordneter Detlef Chill die Gruppe in Richtung Haus Michael in der Bischof-Kaller-Straße. Das Haus wurde 2015 für 990.000 Euro gekauft, um Flüchtlinge unterzubringen. Idealerweise könnte das Areal von dem Haus bis einschließlich zum Gebrauchtwagenabstellplatz für den Neubau von sozialem Wohnraum genutzt werden. Entsprechende Verhandlungen sollten auf Antrag der ALK erfolgen. Auskunft über den entsprechenden Sachstand werde in einer der nächsten Stadtverordnetenversammlung erwartet.

Bezahlbarer Wohnraum sei leider in den letzten 16 Jahren stark vernachlässigt worden. Habe die Stadt Königstein 2006 noch 203 Belegungsrechte für Wohnungen gehabt, so sei die Anzahl 10 Jahre später auf 68 Wohnungen geschrumpft. Dabei habe die Stadt neun städtische Häuser mit 55 preisgünstigen Wohnungen verkauft. Einen Ausgleich hierzu habe es nicht gegeben. Leider liege der Fokus in Königstein auf hochpreisigen Wohnimmobilien, obwohl großer Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bestehe.

Für Zweckbestimmung von Flächen und dauerhafte Sozialbindung

In diesem Zusammenhang fragte eine Teilnehmerin nach, ob die Stadt bei Neubaugebieten nicht festlegen könne, dass ein bestimmter Prozentsatz bei der Erschließung für günstigen Wohnraum vorzuhalten sei. Eine Idee, die die ALK positiv aufnahm. Um den Verlust der Sozialbindung nach maximal 25 Jahren zu vermeiden, sei es prinzipiell gut, wenn die Stadt Eigentümerin von Sozialwohnungen bleibe.

Der wALK führte weiter in zum städtischen Haus in der Sodener Straße 2, das 2016 ebenfalls für die Unterkunft von Flüchtlingen angeschafft worden sei. Bislang stehe das Haus leer und verfalle. Anläufe der ALK, das Haus einem sozialen Zweck zuzuführen, indem günstiger Wohnraum an dieser Stelle entstehe, wurden mehrheitlich abgelehnt. Eine städtische Hortgruppe oder ein Jugendhaus dort unterzubringen sei ebenfalls verworfen worden.

Kein Fortschritt bei Kita auf dem Hardtberg

Nach einer kurzen Laufstrecke erreicht die Gruppe den Bauplatz für den neuen städtischen Kindergarten auf dem Hardtberg. Hier zeigte Andreas Colloseus die Einladung für den Ersten Spatenstich, der am 25. November stattgefunden hat. Aber das war nicht, wie man annehmen könnte, am Tag vor dem wALK & tALK gewesen, sondern schon vor einem Jahr. Warum dann immer noch von Bautätigkeiten für den Kindergarten keine Spur zu sehen ist, erläutert Colloseus in einer kritischen Bestandsaufnahme der Vorgänge seit 2010 der Beschluss für einen neuen städtischen Kindergarten mit energetischem „Passivhaus-Standard“ gefasst wurde und 2014 erstmals der Standort auf dem Hardtberg ins Auge gefasst wurde.

ALK-Vorschlag am Forellenweg wäre wohl besser gewesen

Nach heutigem Wissen erscheint ihm der 2013 von der ALK entwickelte Vorschlag für ein Kinderzentrum im Forellenweg zunehmend als die bessere Lösung. Es wird seitens des Bürgermeisters immer wieder viel versprochen aber durch selbstge­schaffene Komplexität, Wechsel der Zuständigkeit und andauernde Planungsände­rungen werden immer wieder die Kosten erhöht und die Bautermine nach hinten verschoben. So wurde zu Beginn des Jahres 2015 vom Bürgermeister in Aussicht gestellt, dass, wenn alles glatt ginge, mit dem Bau schon 2016 durch den Eigentümer des Baugebietes Hardtberg begonnen werden könne und der Kindergarten nach Fertigstellung von der Stadt einfach schlüsselfertig angemietet werden würde. Nach seiner Wiederwahl 2018 schwenkte der Bürgermeister um und heute ist die städtische Grundstücks GmbH der Bauherr und trägt das volle Kostenrisiko.

Verfehlungen bei Kita geraten zum BER-Debakel von Königstein

Die jüngsten Umplanungen der Belüftung, der Heizung und des Kellers sind nicht nur teuer, sie erfordern auch eine neue Baugenehmigung, was weitere Monate Verzögerung bedeutet. Ob die Eröffnung noch vor dem Bürgermeisterwechsel im Jahr 2024 erfolgen kann, ist fraglich. 2019 beim Abschluss des städtebaulichen Vertrags sind die Baukosten noch mit 5 Millionen Euro angegeben worden. Inzwischen liegen die Kosten bei mindestens 13 Millionen Euro. Zusätzlich ist die Erschließung des gesamten Baugebiets, die auf Druck der Anwohner ausschließlich über die ohnehin stauanfällige Sodener Straße erfolgt, schon um 1 Million Euro teurer als geplant geworden. Was für Berlin-Brandenburg der Bau des Flughafens (BER) war, ist vergleichsweise für Königstein der Kindergarten auf dem Hardtberg, resümiert Colloseus.

Hardtbergturm ist neues Wahrzeichen an historischer Stelle

Am Hardtbergturm angekommen gibt Andreas Colloseus einen kurzen geschicht­lichen Überblick beginnend mit dem ersten Holzturm des Taunusklubs von 1884, der 1899 von einer Eisenkonstruktion ersetzt worden ist. Diesen historischen, wie er sagt „Mammolshainer Eiffelturm“, hätte Colloseus gerne erhalten gesehen, doch ist 2012 der Turm wegen Vandalismusschäden und Korrosion gesperrt worden. Weil auch die Bäume ihn inzwischen überragt hatten und eine erneute Aufstockung statisch nicht möglich war, ist nach langen Bemühungen mit der Unterstützung zahlreicher und namhafter Spender in diesem Jahr für rund 1 Million Euro der jetzt doppelt so hohe neue Hardtbergturm errichtet worden. Der städtische Anteil von etwa der Hälfte ist zwar unerwartet hoch ausgefallen, doch hoffentlich wird das neue Wahrzeichen dafür gut gepflegt werden, um wieder mindestens 100 Jahre zu überstehen.

2024 soll die wALK & tALK-Reihe fortgesetzt werden

An diesem schönen Ort fand die Veranstaltung dann auch mit Lebkuchen und einem warmen Glühwein oder Apfelsaft ihren vorweihnachtlichen Abschluss. Die sichtlich zufriedenen Teilnehmer freuen sich auf eine Fortsetzung der informativen und geselligen wALK & tALK-Reihe im nächsten Jahr.

(4.12.2022)

Detlef Chill, Günther Ostermann, Nadja Majchr­zak und Andreas Colloseus leiten den wALK


Detlef Chill zeigt auf mögliche Flächen für Sozialwohungsbau in der Bischof-Kaller-Straße


Prinzipiell sei es gut, wenn Sozialwohnungen
im Eigentum der Stadt gehalten werden


Ein Jahr nach dem 1. Spatenstich für den Kindergarten ist kein Baufortschritt erkennbar


Die Erschließung des Baugebiets ist die Stadt eine Million Euro teurer gekommen, als geplant


Für eine Million Euro ist 2022 der neue, doppelt so hohe Hardtbergturm errichtet worden


Lebkuchen und einem warmen Glühwein oder Apfelsaft zum vorweihnachtlichen Abschluss
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