Mit Verblüffung reagierte die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein auf den von Bürgermeister Leonhard Helm (CDU)
geäußerten Vorstoß, die Landesgartenschau 2027 nach Königstein holen zu wollen.
Eine Landesgartenschau ist immer wieder eine beeindruckende Veranstaltung, auf der Besuchern viele Anregungen geboten
werden. So war auch der Besuch der Landesgartenschau 2018 in Bad Schwalbach
für die ALK eine Quelle der Inspiration, beispielsweise für die zukünftige Ausstattung von Spielplätzen oder eine mögliche
Neugestaltung der Konrad-Adenauer-Anlage.
Keine Erklärung zu finanziellen und personellen Ressourcen
Vor dem Hintergrund, dass seit Jahren millionenschwere Projekte in der Kurstadt vertagt wurden, weil Königstein knapp
bei Kasse war, frage man sich jedoch, wie der Bürgermeister solch eine Idee rechtfertige.
Die seit 2011 mittlerweile dreimal beschlossene Kurbadsanierung beispielsweise sei noch nicht in Angriff genommen worden.
Fachleute aus der Verwaltung gehen hier von mindestens 20 Millionen Euro Kosten aus. Ein Baubeginn sei noch nicht einmal
ansatzweise in Aussicht gestellt, ganz zu schweige von der Finanzierung. Bürgermeister Helm allerdings habe wohl
hellseherische Fähigkeiten, indem er die Sanierung für 2027 als abgeschlossen erwarte.
Bauabsichten in Parks gehen nicht konform
Der 2014 beschlossene Kindergartenneubau am Hardtberg sei ebenfalls noch nicht umgesetzt und erst im Januar dieses Jahres
sei Helm mit Ideen zur Umgestaltung der Innenstadt inklusive Parkdeck-Bebauung
der Konrad-Adenauer-Anlage im Rosengärtchen um die Ecke gekommen. Anstatt Begrünung wünsche er sich Bebauung, was nicht wirklich
mit der Idee einer Landesgartenschau konform gehe, so ALK-Fraktionsvorsitzende Nadja Majchrzak.
Auch Helms Vision von „sonnigen Biotopen“ rund um die Burg zweifele sie an, da der Wald um das Bauwerk als sogenannter
Bannwald komplett geschützt sei. Besser wäre es, wenn Helm regelmäßig die jährlich
im Haushalt vorgesehenen Sanierungsmittel für die Burg vollständig ausschöpfen würde.
Teures Debakel bei Fußball WM 2006
Weiterhin erinnerte Majchrzak an das Debakel rund um die Fußball Weltmeisterschaft 2006. Damals habe die Stadt Königstein
enorme Verluste machen müssen, als sie sich ein großes Ereignis mit entsprechenden Einnahmen aus dem Besuch der brasilianischen
Mannschaft erhofft hatte. Eine Entscheidung, die nicht unter Helm, sondern seinem Vorgänger Siegfried Fricke (CDU) gefallen war.
Damals habe Helm sich über diese Erbschaft laut beschwert und beklagt, er müsse die Finanzen nun richten. Helms Amtszeit ende
2024, so dass sein Nachfolger, respektive seine Nachfolgerin das ausbaden müsse,
was Helm angezettelt habe.
3,6 Millionen Defizit in Bad Schwalbach 2018
Dass die Landesgartenschau ein Minus-Geschäft werde, stehe im Grunde jetzt schon fest. Man brauche sich nur ein wenig
zu erkundigen. Bad Schwalbach, Ausrichter der Schau im Jahr 2018, habe mit
3,6 Millionen Defizit
aus dem Ereignis zu kämpfen und die Steuern kräftig erhöhen müssen. In Gießen, das im Jahr 2014 Gastgeber war, gab es
massiven Widerstand aus der Bevölkerung, weil ökologisch wertvolle Flächen für die Schau umgewidmet wurden.
Bürgemeister Helm: "Die fetten Jahre sind bald vorbei"
Noch bei der Vorstellung des letzten Quartalsbericht, der einen guten Überschuss für den Königsteiner Haushalt belegt,
hatte Helm selbst erneut gewarnt, dass „die fetten Jahre“ nun bald wieder vorbei seien und man weiter sehr sparsam sein
müsse. Vielleicht habe er ja den Lotto-Jackpot geknackt und wolle das Geld für diese Veranstaltung einsetzen. Aber selbst
da fielen ihr auf Anhieb mindestens drei andere dringendere Projekte in der Stadt ein, für die das Geld
sinnvoller ausgegeben werden könne, so Majchrzak.
Starke Belastung durch Autoverkehr
Von dem Autoverkehr, den eine solche Großveranstaltung in das ohnehin schon so stark belastete Königstein ziehen würde,
ganz zu schweigen.
Natürlich dürfe auch Bürgermeister Helm zu Weihnachten Wünsche äußern, jedoch sollten diese nicht auf Kosten der
Allgemeinheit in Königstein gehen.
Berg aus Altschulden und angefangenen Projekten
Auch die ALK habe Wünsche, insbesondere, dass die seit Helms Amtszeit angegangen Projekte und Beschlüsse der
Stadtverordnetenversammlung endlich umgesetzt werden. Zudem sitze die Stadt immer noch auf einem über 30 Millionen Euro
hohen Berg aus Altschulden, die in den noch guten Zeiten dringend verringert werden müssten.
(28.12.2019)
Nachtrag vom 24.3.2020: Ausgeträumt!
Die Realität hat Bürgermeister Helm eingeholt. Bis Ende März wird seitens der Königsteiner Stadtverordnetenversammlung
kein Beschluss in der Sache gefasst werden. Die absehbare Mehrheit der Stadtverordneten war ohnehin gegen eine Bewerbung für
2027. Somit kann vor dem Fristablauf auch nicht die erforderliche Interessenbekundung gegenüber dem Hessischen Umweltministerium
erklärt werden. Die Landesgartenschau 2027 wird folglich andernorts aus der Reihe von mindestens 14 Städten und acht Standorten
stattfinden, die schon offiziell ihr Interesse bekundet haben.
Nachtrag vom 11.4.2020: Fünf Bewerber übrig
Die Hessische Landesregierung hat bekannt gegeben, dass fünf Bewerber für die Landesgartenschau 2027 übrig geblieben sind:
Oberhessen (Zusammenschluss von 11 Kommunen), Dillenburg, Frankenberg (Eder), Schwalmstadt und Bad Homburg.